Menschen, insbesondere die menschliche Gesundheit
Der Stromnetzausbau kann Menschen auf verschiedene Weise betreffen. Darum berücksichtigen die einzelnen Umweltprüfungen alle Aspekte, die das Leben, die Gesundheit oder das Wohlbefinden des Menschen beeinflussen können.
Beim Thema Gesundheit sind vor allem mögliche Umweltbelastungen zu prüfen und zu bewerten. Dies sind insbesondere die gesundheitlichen Wirkungen von elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern, aber auch Luftverunreinigungen. Für das Wohlbefinden ist es ebenfalls wichtig, dass allen Menschen Freizeitaktivitäten und Aktivitäten zur Erholung ermöglicht werden.
Elektrische und magnetische Felder
Grundsätzlich gibt es auf der Erdoberfläche und in der Atmosphäre natürliche elektrische und magnetische Felder. Im Körper aller Lebewesen sind elektrisch geladene Teilchen vorhanden, die sich bewegen und zu elektrischen Strömen führen. So kommt es beispielsweise beim Weiterleiten von Signalen im Nervensystem zu elektrischen Impulsen. Ist der Mensch externen elektrischen und magnetischen Feldern ausgesetzt, können zusätzliche Ströme im Körper erzeugt werden. Wenn die elektrischen Felder eine bestimmte Schwelle überschreiten, kann das zu wahrnehmbaren Wirkungen führen, beispielsweise zur Aufladung der Körperbehaarung. Im Körperinneren entstehen dann Körperströme, um diesen Prozess auszugleichen.
Magnetische Wechselfelder können Nerven und Muskeln stimulieren, wenn sie bestimmte Schwellenwerte überschreiten. Höhere Werte können die Gesundheit ernsthaft gefährden, indem sie zum Beispiel Herzkammerflimmern und zusätzliche Herzkontraktionen auslösen. Außerdem können schwache Lichtblitze in der Netzhaut des Auges auftreten.
Es ist daher wichtig zu wissen, ab welchem Schwellenwert mit gesundheitlichen Gefährdungen gerechnet werden muss. Auf Basis gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse hat der Gesetzgeber Grenzwerte festgelegt, mit denen körperliche Auswirkungen sicher vermieden werden sollen. Diese stehen in der 26. Bundes-Immissionsschutzverordnung.
Ob es auch unterhalb dieser Grenzwerte gesundheitliche Auswirkungen auf den Menschen geben kann, ist allerdings trotz jahrzehntelanger Forschung noch immer umstritten. Die Forschung konzentriert sich auf Erkrankungen wie Krebs, Parkinson und Alzheimer, auf die Veränderung von Hirnströmen und auf Elektrosensibilität. Laut dem Bundesamt für Strahlenschutz hat bislang keine Untersuchung klar nachgewiesen, dass diese Krankheiten oder Veränderungen auf elektrische, magnetische und/oder elektromagnetische Felder von Stromleitungen zurückzuführen seien.
Ionisierung der Luft
Hohe elektrische Feldstärken können an der Oberfläche von Freileitungen sogenannte Korona-Entladungen verursachen. Bei Wechselstrom kann dieser Vorgang vor allem bei hoher Luftfeuchtigkeit und bei Regen auftreten. Bei Gleichstromanlagen hingegen ist dieser Effekt stärker bei trockenen Wetterlagen zu beobachten. Bei Korona-Entladungen werden die Luftmoleküle in einigen Zentimetern um die Leiterseile herum ionisiert, also elektrisch aufgeladen. Durch chemische Prozesse können im Bereich dieser Korona Luftschadstoffe entstehen wie Ozon und Stickoxide, die sich normalerweise jedoch rasch auflösen und dadurch keine große Reichweite haben. Der Effekt ist bei Gleichstromfreileitungen wesentlich stärker ausgeprägt als bei Wechselstromfreileitungen, weil die ständige Ladungsumkehr beim Wechselstrom die ionisierten Luftmoleküle schneller neutralisiert. Auch bereits vorhandene Luftschadstoffe können aufgeladen werden und dadurch möglicherweise gesundheitliche Auswirkungen auf den Menschen haben. Das Bundesamt für Strahlenschutz schätzt das damit verbundene Gesundheitsrisiko allerdings als unwahrscheinlich beziehungsweise sehr gering ein.
Lärmbelastungen
Sowohl beim Bau als auch bei dem Betrieb von Stromleitungen kann es zu Geräuschentwicklung kommen. Sogenannte Korona-Geräusche werden während des Betriebs als Knistern, Surren oder Brummen wahrgenommen. Art, Dauer und Intensität dieser Geräusche hängen unter anderem von den Wetterverhältnissen ab, von der Auslastung der Leitung und von der Umgebung. Feuchtigkeit durch Nebel oder Raureif verstärkt die Geräusche bei Wechselstromleitungen. Bei Gleichstromleitungen ist es umgekehrt: Hier kann Feuchtigkeit sogar helfen, die Geräusche zu reduzieren.
Die Vorhabenträger müssen die Immissionsrichtwerte der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm einhalten. Dies wird bei der Zulassung der Leitungen und Bauwerke durch Schallgutachten überprüft und bewertet. In reinen Wohngebieten darf ein Geräuschpegel von 50 Dezibel tagsüber in der Regel nicht überschritten werden. Nachts sinkt der Richtwert auf 35 Dezibel. Nur in Einzelfällen und kurzzeitig ist es erlaubt, diese Werte zu überschreiten.
Sichtbeeinträchtigungen
Freileitungen, aber auch unterirdische Erdkabel können ihr Umfeld sichtbar beeinträchtigen. Dies kann sich unter Umständen auf Erholungs- und Freizeitmöglichkeiten im unmittelbaren Wohnumfeld auswirken. Wie groß der Einfluss tatsächlich ist, hängt immer von der konkreten Situation ab und muss daher im Einzelfall vor Ort geprüft werden.