Urteile und Beschlüsse
Im Folgenden wird über wichtige Urteile und Beschlüsse zu den Schutzgütern des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) informiert, die für die Klärung von Einzelfragen beigetragen haben. Dargestellt werden nicht nur solche Urteile, die sich auf Netzausbau-Vorhaben beziehen, sondern (vorzugsweise höchstrichterliche) Entscheidungen, die allgemeine Aussagen bzw. Auslegungen zu den Schutzgütern enthalten. An dieser Stelle sei auch auf die Entscheidungssammlungen zum Artenschutzrecht und Habitatschutzrecht verwiesen.
Hinweis: Die hier dargestellte Entscheidungssammlung stellt eine Auswahl an Rechtsprechung zu den jeweiligen Schutzgütern dar. Sie erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Auflistung dient lediglich der Information. Eine eigene Wertung ist hiermit nicht bezweckt. Hervorgehobene Textteile dienen nur der Übersichtlichkeit.
BVerwG, Urteil vom 22.06.2017, Aktenzeichen: 4 A 18/16
Nach § 3 Absatz 2 Satz 1 der 26. BImSchV sind Niederfrequenzanlagen, die nach dem 22. August 2013 errichtet werden, zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen so zu errichten und zu betreiben, dass sie bei höchster betrieblicher Anlagenauslastung in ihrem Einwirkungsbereich an Orten, die nicht nur zum vorübergehenden Aufenthalt von Menschen bestimmt sind, die im Anhang 1a genannten Grenzwerte nicht überschreiten, wobei Niederfrequenzanlagen mit einer Frequenz von 50 Hertz die Hälfte des in Anhang 1a genannten Grenzwertes der magnetischen Flussdichte nicht überschreiten dürfen. Damit betragen die maßgeblichen Grenzwerte für die planfestgestellte Leitung für die elektrische Feldstärke 5 kV/m und für die magnetische Flussdichte 100 µT. (Rn. 20).
BVerwG, Urteil vom 17.12.2013, Aktenzeichen: 4 A 1/13
Erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen, die nach § 3c Satz 1 UVPG zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung verpflichten, liegen nicht erst dann vor, wenn die nach dem jeweils einschlägigen materiellen Zulassungsrecht maßgebliche Schädlichkeitsgrenze voraussichtlich überschritten wird und damit die Umweltauswirkungen nach Einschätzung der Behörde so gewichtig sind, dass sie zu einer Versagung der Zulassung führen. Umweltauswirkungen sind vielmehr jedenfalls bereits dann erheblich, wenn sie an die Zumutbarkeitsschwelle heranreichen und deshalb in der Abwägung so gewichtig sind, dass im Zeitpunkt der UVP-Vorprüfung ein Einfluss auf das Ergebnis des Planfeststellungsbeschlusses nicht ausgeschlossen werden kann. (Rn. 35).
BVerwG, Beschluss vom 26.09.2013, Aktenzeichen: 4 VR 1/13
Gestützt auf eine Empfehlung der Strahlenschutzkommission nimmt der Planfeststellungsbeschluss an, dass Induktionen in Bereichen, die Implantatträgern zugänglich sind und bei denen ein die Exposition vermeidendes Verhalten nicht möglich oder nicht zumutbar sei, 10 µT nicht überschreiten sollen, wenn mit zusätzlichen Feldquellen gerechnet werden müsse.
Ein Abwägungsfehler ist nicht erkennbar, soweit das planfestgestellte Vorhaben in wenigen Fällen auch im wohnumfeldnahen Bereich eine magnetische Flussdichte von mehr als 10 µT zur Folge hat. Dies ist nur ganz vereinzelt und überwiegend bei nur geringer Überschreitung von 10 µT der Fall. Insoweit wird kein abwägungserhebliches Risiko begründet. Es ist dem Antragsteller zuzumuten, insoweit eine längerfristige Exposition gegenüber dem magnetischen Feld der Freileitung zu vermeiden, wenn er das verbleibende Risiko nicht hinnehmen will. (Rn. 62 f.).
BVerwG, Beschluss vom 22.07.2010, Aktenzeichen: 7 VR 4/10
Den § 22 Absatz 1 BImSchG zu entnehmenden Anforderungen des Nachbarschutzes gegenüber elektrischen und magnetischen Feldern einer Hochspannungsfreileitung wird bei Beachtung der Grenzwertempfehlung der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierenden Strahlen genügt. Bei Einhaltung der Grenzwerte besteht in der Regel keine Gefahr. (Rn. 24).
BVerwG, Urteil vom 14.03.2018, Aktenzeichen: 4 A 11/17
Nach § 4 Absatz 2 Satz 1 der 26. BImSchV sind bei Errichtung und wesentlicher Änderung von Niederfrequenzanlagen sowie Gleichstromanlagen die Möglichkeiten auszuschöpfen, die von der jeweiligen Anlage ausgehenden elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Felder nach dem Stand der Technik unter Berücksichtigung von Gegebenheiten im Einwirkungsbereich zu minimieren.
Der Wortlaut "zu minimieren" soll die ursprünglich von der Bundesregierung vorgeschlagene Formulierung "zu vermindern" verstärken und damit ein Gedanke aus dem Strahlenschutzrecht übernommen werden. Die Norm fordert dennoch nicht die Ausschöpfung des technisch-wissenschaftlich möglichen Minimierungspotentials, sondern eine risikoproportionale Emissionsbegrenzung im Rahmen des Standes der Technik und damit dem vernünftigen Optimum. Der auf § 23 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 BImSchG gestützte § 4 Absatz 2 Satz 1 der 26. BImSchV dient der Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und steht im Rang unterhalb der formellen Bundesgesetze. Schon daher begründet die Norm keinen zwingenden Vorrang einer Minimierung elektromagnetischer Felder, wenn diese in Konflikt zu anderen Zielen mit Gesetzesrang gerät: So kann eine Feldreduktion durch die enge Führung von Leiterseilen Geräuschemissionen durch Koronaeffekte fördern und ist technisch durch Vorgaben von Mindestisolierstrecken begrenzt. § 4 Absatz 2 Satz 1 der 26. BImSchV verlangt damit keine Vorsorge vor Immissionen durch elektromagnetische Felder "um jeden Preis" und auf Kosten anderer in § 1 Absatz 1 EnWG genannter Ziele. (Rn. 51 f.).
BVerwG, Urteil vom 14.03.2018, Aktenzeichen: 4 A 5/17
Weil den Leiterseilen die massive und bedrängende Wirkung eines Baukörpers fehlt, sind maßgeblich die Wirkungen der Stromgittermasten zu betrachten. Es sind nach Höhe und Breite bedeutende Bauwerke, die durch ihre Nähe zu einem Grundstück den Blick "nach oben ziehen". Sie sind aber lichtdurchlässig, verschatten Grundstücke allenfalls zu einem Teil und lassen weiterhin einen, wenn auch eingeschränkten Blick auf die dahinter liegende Landschaft oder Bebauung zu. Die Beeinträchtigung durch den Mast wird hier gemindert, weil er nicht in der Blickrichtung des klägerischen Gebäudes liegt und die Wohnbebauung nicht zur Trasse hin ausgerichtet ist. Angesichts dieser Situation und der fehlt es an einer erdrückenden Wirkung, die nach der Rechtsprechung Extremfällen vorbehalten ist. Die Unterschiede zu sich bewegenden Windenergieanlagen verbieten es, Überlegungen der Rechtsprechung zur optisch bedrängenden Wirkung von Windenergieanlagen heranzuziehen.
Der Planfeststellungsbeschluss muss aber der zweifellos eintretenden Beeinträchtigung der Wohnlage in der Abwägung Rechnung tragen, auch soweit diese nicht unzumutbar ist. Denn eine Beeinträchtigung kann abwägungserheblich sein, obwohl ein Bauwerk nicht erdrückend wirkt. Eine Abwägung zwischen den möglichen Varianten und der planfestgestellten Trasse muss daher prüfen, welche Trassenführung mit Blick auf diesen Belang Vorteile bietet. (Rn. 88).
EuGH, Urteil vom 11.06.2020, Rechtssache: C-88/19
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Habitatrichtlinie nach ihrem Artikel 2 Absatz 1 zum Ziel hat, zur Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten beizutragen. Außerdem heißt es in Artikel 2 Absatz 2 und 3 der Habitatrichtlinie, dass die aufgrund dieser Richtlinie getroffenen Maßnahmen darauf abzielen, einen günstigen Erhaltungszustand der natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten von Interesse für die Europäische Union zu bewahren oder wiederherzustellen, und den Anforderungen von Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur sowie den regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung tragen. (Rn. 21)
BVerwG, Beschluss vom 13.12.2018, Aktenzeichen: 3 B 37/17
Die Eignung des Grünlandumbruchverbots lässt sich nicht schon mit dem Vorbringen ernstlich in Frage stellen, dass die ökologische Wertigkeit intensiver Grünlandnutzung gegenüber extensiver Grünlandnutzung geringer bzw. - namentlich mit Blick auf die Artenvielfalt - gering sei. (Rn. 7).
BVerwG, Urteil vom 14.07.2011, Aktenzeichen: 9 A 12/10
Führt ein Planvorhaben zu Beeinträchtigungen, die den Vorgaben der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung widersprechen, so ist der mit dem Vorhaben verbundene Eingriff in Natur und Landschaft unzulässig mit der Folge, dass gemäß § 42 Absatz 5 Satz 1 BNatSchG 2007 auch anderen von ihm ausgehenden Beeinträchtigungen die artenschutzrechtliche Privilegierung des § 42 Absatz 5 Satz 2 und 3 BNatSchG 2007 verwehrt bleibt. (Rn. 117).
EuGH, Urteil vom 03.12.1998, Rechtssache: C-67/97
Im Hinblick auf diese Erhaltung der biologischen Vielfalt ist es unerheblich, ob es sich bei dem Schutzobjekt um eine eigene Unterart, eine unterschiedliche Rasse innerhalb einer Art oder um einen einfachen lokalen Stamm handelt, soweit es sich um Populationen handelt, die Merkmale aufweisen, die sie von anderen unterscheiden und die folglich als schutzwürdig angesehen werden, sei es, um sie vor einer mehr oder weniger imminenten Gefahr des Aussterbens zu bewahren, sei es, wenn eine solche Gefahr nicht besteht, aus einem wissenschaftlichen oder anderen Interesse an der Erhaltung der reinen Population an dem betreffenden Ort. (Rn. 34)
BVerwG, Urteil vom 25.06.2020, Aktenzeichen: 4 CN 5/18
Mit § 13a Absatz 1 Satz 1 BauGB knüpft der Gesetzgeber an die ältere Bodenschutzklausel des § 1a Absatz 2 Satz 1 BauGB an, wonach mit Grund und Boden sparsam und schonend umgegangen werden soll und dabei zur Verringerung der zusätzlichen Inanspruchnahme von Flächen für bauliche Nutzungen die Möglichkeiten der Entwicklung der Gemeinde insbesondere durch Maßnahmen der Innenentwicklung zu nutzen sowie Bodenversiegelungen auf das notwendige Maß zu begrenzen sind. (Rn. 27)
BVerwG, Urteil vom 15.12.2016, Aktenzeichen: 4 A 4/15
Mit dem planfestgestellten Rückbau einer Bestandsleitung entfällt die plangegebene Vorbelastung. Das schließt es indes wegen der Situationsgebundenheit der betroffenen Grundstücke nicht aus, die tatsächliche Vorbelastung durch die Bestandstrasse im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen. Die Planfeststellungsbehörde ist deshalb nicht gehindert, bei der Variantenauswahl an diese noch fortdauernde Gebietsprägung anzuknüpfen. (Rn. 35)
BVerwG, Urteil vom 10.11.2016, Aktenzeichen: 9 A 18/15
Für Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen kommen nur Flächen in Betracht, die in einen Zustand versetzt werden können, der sich im Vergleich mit dem früheren als ökologisch höherwertig einstufen lässt. Weitere Voraussetzung ist nicht, dass der ökologische Wert dieser Flächen geringer ist als derjenige des für das Vorhaben in Anspruch genommenen Grund und Bodens. (Rn. 52).
BVerwG, Beschluss vom 22.07.2010, Aktenzeichen: 7 VR 4/10
Vorbelastungen prägen in ihrem Einwirkungsbereich liegende Grundstücke und mindern im Grundsatz ihre Schutzwürdigkeit. Eine Grenze der Berücksichtigung von Vorbelastungen wird erst durch rechtswidrige Eigentums- und Gesundheitsbeeinträchtigungen gezogen. (Rn. 17).
BVerwG, Beschluss vom 20.12.2019, Aktenzeichen: 7 B 5/19
Umfassen die Begriffsdefinitionen des Artikel 2 Nr. 12 und 11 WRRL zur Bestimmung des Grundwasserkörpers denjenigen Bodenkörper, der natürlicherweise grundwassergesättigt ist, unabhängig davon, ob er aus Gründen menschlicher Tätigkeit vorübergehend nicht grundwassergesättigt ist?
Diese Frage kann auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden verneinend beantwortet werden. Für Artikel 2 Nr. 11 WRRL ergibt sich dies schon daraus, dass dort nicht der von der Frage angesprochene Grundwasserkörper, sondern der Grundwasserleiter definiert wird. Für den von Artikel 2 Nr. 12 WRRL definierten Grundwasserkörper ergibt sich aus der dortigen Definition, dass dieser nur ein abgegrenztes Grundwasservolumen und nicht (auch) einen Bodenkörper mit umfasst. (Rn. 5 f.)
BVerwG, Urteil vom 09.02.2017, Aktenzeichen: 7 A 2/15
Das UVU-Teilgutachten H.3 geht unter Bezugnahme auf § 2 Absatz 1 BBodSchG und § 1 Absatz 1 WHG davon aus, dass semisubhydrische Böden (Wattböden) und subhydrische Böden (Unterwasserböden) aus rechtlicher Sicht nicht durch das Bundesbodenschutzgesetz, sondern als Bestandteil der Gewässer über das Wasserhaushaltsgesetz geschützt, aus fachlicher Sicht aber als Böden betrachtet würden. Die Gutachter haben als Grenzlinie zwischen dem Schutzgut Wasser und dem landseitig zu bewertenden Schutzgut Boden die untere Linie des Röhrichts und vergleichbarer Vegetationseinheiten bzw. bei Fehlen einer Vegetationsbedeckung die MThw-Linie betrachtet. Damit sei der Bewertungsraum für das Schutzgut Boden gegenüber den rechtlichen Vorgaben in denjenigen Bereich des Gewässers erweitert worden, über den üblicherweise keine Sedimentdaten vorlägen. Vegetationslose Watten würden demnach nicht als Böden, sondern als mehr oder weniger intensiv in Umlagerung begriffene Sedimente des Gewässers angesehen. Die UVU hält sich nicht starr an die rechtlichen Begrifflichkeiten, sondern ergänzt sie im Sinne einer Erweiterung des Bodenbegriffs durch eine Detailkorrektur hinsichtlich der semisubhydrischen Böden, die als Standorte Höherer Pflanzen dienen. Dieser funktionsbezogene Ansatz ist nicht zu beanstanden. Demgegenüber will das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung mit seinem integrativen Ansatz Umwelteinwirkungen umfassend und immer bezogen sowohl auf den Boden als auch das Wasser ermitteln und bewerten. Die Unterscheidung der Schutzgüter Boden und Wasser führt insoweit nicht zu einer rechtlichen Weichenstellung. (Rn. 175 f.)
BVerwG, Beschluss vom 26.07.2016, Aktenzeichen: 7 B 28/15
Vom Geltungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) sind Böden - im Sinne von § 2 Absatz 2 BBodSchG ausgenommen. § 2 Absatz 2 Nr. 10 KrWG stellt auf die räumliche Zuordnung zum Ursprungsort und nicht darauf ab, wie der Boden sich zusammensetzt. Maßgeblich ist allein, ob die Bestandteile des Bodens - ebenso wie Bauwerke, die dauerhaft mit dem Grund und Boden verbunden sind - im Rechtssinne gemäß § 94 Absatz 1 BGB als wesentlich anzusehen sind. Allein hiernach richtet es sich - auch in zeitlicher Hinsicht -, wie lange abgelagerte Stoffe und Gegenstände sich am betroffenen Ort befunden haben müssen, bis dieser zu deren Ursprungsort im Rechtssinne geworden ist. Unerheblich ist demnach, ob die Stoffe und Gegenstände vor ihrer Einbringung in den Boden als Abfall einzustufen waren. Unterfallen sie danach nicht mehr dem Anwendungsbereich des Kreislaufwirtschaftsgesetzes, kann es auch nicht mehr darauf ankommen, wann nach dessen Regelungskonzept die Abfalleigenschaft endet. (Rn. 6)
BVerwG, Beschluss vom 29.01.2007, Aktenzeichen: 7 B 68/06
Sind in großflächigen Landschaftsschutzgebieten Abgrabungen nur in von der überörtlichen Planung bestimmten Bereichen zulässig, ist dies grundsätzlich verhältnismäßig. (Rn. 15)
BVerwG, Urteil vom 16.05.2000, Aktenzeichen: 3 C 2/00
Das Bundesverwaltungsgericht hat bereits im Beschluss von 1998 dargelegt, dass das am 1. März 1999 in Kraft getretene Gesetz zum Schutz vor schädlichen Bodenveränderungen und zur Sanierung von Altlasten - BBodSchG - nunmehr bundeseinheitlich Fragen der ordnungsrechtlichen Verantwortlichkeit für Bodenverunreinigungen regelt, so dass es insoweit keines Rückgriffs mehr auf allgemeines Landesordnungsrecht oder das Abfallrecht bedarf. Es hat eine - auch im Streitfall in Rede stehende - Verunreinigung des Erdreichs mit schadstoffhaltigen Chemikalien als schädliche Bodenveränderung im Sinne von § 2 Absatz 3 BBodSchG beurteilt, deren Sanierung (nur) nach Maßgabe dieses Gesetzes zu erfolgen hat, soweit keine Vorschrift des Bundesrechts, namentlich keine der in § 3 Absatz 1 BBodSchG aufgeführten Vorschriften, in einer das Bundes- Bodenschutzgesetz verdrängenden Weise "Einwirkungen auf den Boden" regeln. Weiter hat es ausgeführt, dass neben dem Verursacher und dem Inhaber der tatsächlichen Gewalt über ein Grundstück auch der Grundstückseigentümer verantwortlich für die Sanierung einer schädlichen Bodenveränderung sein kann (§ 4 Absatz 2 und 3 BBodSchG); das Bundes-Bodenschutzgesetz kenne mithin eine Zustandsverantwortlichkeit des Eigentümers, die sich auch auf die Tragung der Kosten erstrecken könne. (Rn. 18)
BVerwG, Beschluss vom 20.12.2019, Aktenzeichen: 7 B 5/19
Die Ausnahmemöglichkeit nach § 31 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 WHG erlaubt eine Verschlechterung sowohl des mengenmäßigen als auch des chemischen Zustandes, solange diese auf einer Veränderung der physischen Gewässereigenschaft oder des Grundwasserstandes beruht. (Rn. 8)
BVerwG, Urteil vom 27.11.2018, Aktenzeichen: 9 A 8/17
Das Verschlechterungsverbot gilt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für jeden Typ und jeden Zustand eines berichtspflichtigen Oberflächenwasserkörpers (EuGH, Urteil vom 1. Juli 2015 - C-461/13 - Rn. 50). Der Senat hat hieraus gefolgert, dass eine ordnungsgemäße Prüfung des Verschlechterungsverbots regelmäßig sowohl eine Ermittlung des Ist-Zustands als auch eine Auswirkungsprognose für die einzelnen zu bewertenden Gewässer, also eine wasserkörperbezogene Prüfung, voraussetzt. (Rn. 22)
BVerwG, Urteil vom 09.02.2017, Aktenzeichen: 7 A 2/15 (Elbvertiefung)
Eine Verschlechterung des ökologischen Zustands/Potenzials im Sinne von § 27 Absatz 1 und 2 WHG liegt vor, sobald sich der Zustand/das Potenzial mindestens einer biologischen Qualitätskomponente der Anlage 3 Nr. 1 zur Oberflächengewässerverordnung um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung eines Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt. Ist die betreffende Qualitätskomponente bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine Verschlechterung des Zustands/Potenzials eines Oberflächenwasserkörpers dar. (Rn. 70)
EuGH, Urteil vom 04.05.2016, Rechtssache: C-346/14
Vorbehaltlich der Gewährung einer Ausnahme nach Artikel 4 Absatz 7 der Richtlinie 2000/60 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik ist jede Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers zu vermeiden. Die Pflicht zur Vermeidung einer solchen Verschlechterung bleibt daher in jedem Stadium der Durchführung der Richtlinie 2000/60 verbindlich und gilt für jeden Typ und damit für jeden Zustand eines Oberflächenwasserkörpers, für den ein Bewirtschaftungsplan erlassen wurde. Der betreffende Mitgliedstaat ist folglich verpflichtet, die Genehmigung eines Vorhabens zu versagen, wenn es geeignet ist, den Zustand des fraglichen Wasserkörpers zu verschlechtern oder die Erreichung eines guten Zustands der Oberflächenwasserkörper zu gefährden, es sei denn, das Vorhaben fällt unter eine der in diesem Artikel 4 Absatz 7 vorgesehenen Ausnahmen. Um festzustellen, ob die Bewilligung eines Vorhabens unter Wahrung der in Artikel 4 Absatz 7 der Richtlinie 2000/60 vorgesehenen Anforderungen erteilt worden ist, ist im vorliegenden Fall zu prüfen, ob erstens alle praktikablen Vorkehrungen getroffen wurden, um die negativen Auswirkungen des in Frage stehenden Vorhabens auf den Zustand des betroffenen Wasserkörpers zu mindern, ob zweitens die Gründe für dieses Vorhaben im Einzelnen dargelegt wurden, ob drittens das Vorhaben von übergeordnetem öffentlichem Interesse ist und/oder der Nutzen, den die Verwirklichung der in Artikel 4 Absatz 1 dieser Richtlinie genannten Ziele für die Umwelt und die Gesellschaft hat, durch den Nutzen der Umsetzung dieses Vorhabens für die menschliche Gesundheit, die Erhaltung der Sicherheit der Menschen oder die nachhaltige Entwicklung übertroffen wird, und ob viertens die nutzbringenden Ziele, denen das Vorhaben dienen soll, aus Gründen der technischen Durchführbarkeit oder aufgrund unverhältnismäßiger Kosten nicht durch Mittel, die eine wesentlich bessere Umweltoption darstellen, erreicht werden können. (Rn. 64).
EuGH, Urteil vom 01.07.2015, Rechtssache: C-461/13 (Weservertiefung)
Der Begriff der Verschlechterung des Zustands eines Oberflächenwasserkörpers in Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i der Richtlinie 2000/60 zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik ist dahin auszulegen, dass eine Verschlechterung vorliegt, sobald sich der Zustand mindestens einer Qualitätskomponente im Sinne des Anhangs V der Richtlinie um eine Klasse verschlechtert, auch wenn diese Verschlechterung nicht zu einer Verschlechterung der Einstufung des Oberflächenwasserkörpers insgesamt führt. Ist jedoch die betreffende Qualitätskomponente im Sinne von Anhang V bereits in der niedrigsten Klasse eingeordnet, stellt jede Verschlechterung dieser Komponente eine "Verschlechterung des Zustands" eines Oberflächenwasserkörpers im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a Ziffer i dar. (Rn. 52 f.).
BVerwG, Urteil vom 11.10.2017, Aktenzeichen: 9 A 14/16
Die Einhaltung der Grenzwerte der 39. BImSchV ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Planfeststellung eines Straßenbauvorhabens, weil Grenzwertüberschreitungen nach dem System der Luftreinhalteplanung (vgl. § 47 BImSchG, § 27 der 39. BImSchV) unabhängig von den Immissionsquellen zu vermeiden sind. (Rn. 120)
EuGH, Urteil vom 26.05.2011, Rechtssache: C-165/09 bis C-167/09
Artikel 9 Absatz 1, 3 und 4 der Richtlinie 96/61/EG ist dahin auszulegen, dass die Mitgliedstaaten bei der Erteilung einer umweltrechtlichen Genehmigung für den Bau und den Betrieb einer Industrieanlage nicht verpflichtet sind, bei den Voraussetzungen für die Erteilung dieser Genehmigung die festgelegten nationalen Emissionshöchstmengen für SO2 und NOx zu berücksichtigen, dass sie jedoch die sich aus dieser Richtlinie ergebende Verpflichtung zu beachten haben, im Rahmen nationaler Programme geeignete und schlüssige Politiken und Maßnahmen einzuführen oder zu planen, die in ihrer Gesamtheit geeignet sind, die Emissionen insbesondere dieser Schadstoffe bis spätestens Ende 2010 auf die in Anhang I dieser Richtlinie angegebenen Höchstmengen zu vermindern. (Rn. 76)
BVerwG, Urteil vom 23.02.2005, Aktenzeichen: 4 A 5/04
Das Interesse, vor Beeinträchtigungen durch Luftschadstoffe geschützt zu werden, die im Wege der Luftreinhalteplanung voraussichtlich noch im Rahmen des rechtlich Zumutbaren gehalten werden können, ist ein abwägungserheblicher Belang. (Rn. 27 f.)
BVerwG, Beschluss vom 10.01.1995, Aktenzeichen: 7 B 112/94
Als Verwaltungsvorschrift, die zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) auf der Grundlage des § 48 BImSchG nach Anhörung der beteiligten Kreise erlassen wurde, enthält die TA Luft grundsätzlich verbindliche Regelungen, Festlegungen und Vorgaben für die mit Genehmigungen, nachträglichen Anordnungen und Ermittlungsanordnungen befassten Verwaltungsbehörden. Zugleich konkretisiert sie unbestimmte Rechtsbegriffe des Gesetzes durch generelle, dem gleichmäßigen und berechenbaren Gesetzesvollzug dienende Standards, die entsprechend der Art ihres Zustandekommens in hohem Maße wissenschaftlich-technischen Sachverstand und allgemeine Folgenbewertungen verkörpern. Solche Standards sind auch die Emissionswerte, die angeben, welche von Anlagen ausgehenden Luftverunreinigungen nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, demgemäß als Grundlage für Emissionsbegrenzungen nach dem Stand der Technik dienen und im Rahmen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit das Maß der gesetzlich gebotenen Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen konkretisieren. Dass die Emissionswerte der TA Luft mit dieser Funktion auch im gerichtlichen Verfahren beachtlich sind, versteht sich von selbst und ist daher nicht erst in einem Revisionsverfahren zu klären. (Rn. 15)
BVerwG, Beschluss vom 28.10.2015, Aktenzeichen: 4 B 44/15
Im Rahmen von § 35 Absatz 1 BauGB haben Belange, bei denen sicher zu erwarten ist, dass sie durch ein Vorhaben nur vorübergehend beeinträchtigt werden, geringeres Gewicht bei der Abwägung als dauerhaft beeinträchtige Belange. Dies betrifft nicht nur den öffentlichen Belang des Schutzes des Landschaftsbildes vor Verunstaltung, sondern gilt allgemein. (Rn. 3).
BVerwG, Beschluss vom 24.05.2012, Aktenzeichen: 7 VR 4/12
Es entspricht den Zielen des Landschaftsschutzes, Eingriffe zu bündeln, um so bislang unzerschnittene, störungsarme Gebiete zu erhalten. (Rn. 17)
BVerwG, Urteil vom 15.05.1997, Aktenzeichen: 4 C 23/95
In einer nicht förmlich unter Natur- oder Landschaftsschutz gestellten Außenbereichslandschaft stellt die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes oder des Interesses der Gemeinde an der Erhaltung eines bestimmten Orts- und Landschaftsbildes (hier: harmonischer Übergang von der Bebauung zur freien Landschaft an einem gut einsehbaren Hang) keine Beeinträchtigung eines öffentlichen Belangs im Sinne von § 35 Absatz 2 BauGB dar, wenn das Bauvorhaben nicht zu einer Verunstaltung des Landschafts- und Ortsbildes führt. (Rn. 14)
BVerwG, Urteil vom 27.09.1990, Aktenzeichen: 4 C 44/87
Der Ausgleich eines Eingriffs in das Landschaftsbild ist nicht notwendig deshalb zu verneinen, weil eine Veränderung optisch wahrnehmbar bleibt. Vielmehr kommt es darauf an, dass in dem betroffenen Landschaftsraum ein Zustand geschaffen wird, der den vorher vorhandenen Zustand in weitest möglicher Annäherung fortführt. (Rn. 28)
BVerwG, Beschluss vom 14.09.2017, Aktenzeichen: 4 B 28/17
Soweit der denkmalrechtliche Umgebungsschutz objektiv geboten ist, vermittelt er auch dem Eigentümer des Kulturdenkmals Schutz. (Rn. 5)
BVerwG, Beschluss vom 12.01.2016, Aktenzeichen: 4 BN 11/15
Die Antragsbefugnis eines Denkmaleigentümers, der eine Verletzung der Belange des Denkmalschutzes geltend macht, setzt gemäß § 47 Absatz 2 Satz 1 VwGO voraus, dass seine privaten Belange mehr als geringfügig betroffen und deshalb abwägungsrelevant sind. (Rn. 5)
BVerwG, Beschluss vom 28.10.2015, Aktenzeichen: 4 B 44/15
§ 35 Absatz 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gewährleistet ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz, dem im Verhältnis zu den denkmalrechtlichen Vorschriften des Landesrechts, die nach § 29 Absatz 2 BauGB unberührt bleiben, eine Auffangfunktion zukommt. (Rn. 4)
EuGH, Urteil vom 14.03.2013, Rechtssache: C-420/11
Artikel 3 der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der durch die Richtlinien 97/11/EG und 2003/35/EG geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Umweltverträglichkeitsprüfung nach diesem Artikel die Bewertung der Auswirkungen des fraglichen Projekts auf den Wert von Sachgütern nicht einschließt. Vermögensschäden sind aber vom Schutzzweck dieser Richtlinie umfasst, soweit sie unmittelbare wirtschaftliche Folgen der Auswirkungen eines öffentlichen oder privaten Projekts auf die Umwelt sind. (Rn. 30)
BVerwG, Urteil vom 21.04.2009, Aktenzeichen: 4 C 3/08
Der Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals muss jedenfalls dann berechtigt sein, die denkmalrechtliche Genehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, wenn das Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtigt (Rn. 9). Ist ein Vorhaben in der Umgebung eines geschützten Kulturdenkmals denkmalrechtlich genehmigt, können wegen der Tatbestandswirkung der Genehmigung Belange des Denkmalschutzes im Sinne des § 35 Absatz 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB nicht beeinträchtigt sein. (Rn. 22)
EuGH, Urteil vom 03.02.2011, Rechtssache: C-50/09
Artikel 3 der Richtlinie 85/337/EWG über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten in der Fassung der Richtlinien 97/11/EG und 2003/35/EG überträgt der zuständigen Umweltbehörde die Verpflichtung, eine Umweltverträglichkeitsprüfung vorzunehmen, die eine Beschreibung der unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf die in den ersten drei Gedankenstrichen dieses Artikels genannten Faktoren und die Wechselwirkung zwischen ihnen umfassen muss. Diese Bewertungspflicht unterscheidet sich von den in den Artikel 4 bis 7, 10 und 11 der Richtlinie 85/337/EWG aufgestellten Verpflichtungen, bei denen es sich im Wesentlichen um Verpflichtungen zum Einholen und Austausch von Angaben, zur Anhörung, hinsichtlich der Öffentlichkeit und zur Gewährleistung eines gerichtlichen Rechtsbehelfs handelt. Dies sind Verfahrensvorschriften, die nur die Frage betreffen, wie der in Artikel 3 dieser Richtlinie vorgesehenen wesentlichen Verpflichtung nachzukommen ist. (Rn. 36)
EuGH, Urteil vom 22.04.2010, Rechtssache: C-82/09
Artikel 3 Buchstabe a und b der Verordnung (EG) Nr. 2152/2003 für das Monitoring von Wäldern und Umweltwechselwirkungen in der Gemeinschaft (Forest Focus), in dem für die Zwecke dieser Verordnung die Begriffe "Wald" und "andere Holzflächen" definiert werden, ist dahin auszulegen, dass er nationalen Vorschriften nicht entgegensteht, die Definitionen enthalten, die sich von diesen Begriffen in Bezug auf in dieser Verordnung nicht geregelte Systeme unterscheiden.
BVerwG, Urteil vom 25.01.1996, Aktenzeichen: 4 C 5/95
Der UVP-Richtlinie liegt ein integrativer Ansatz zugrunde. Den Ausgangspunkt bildet die herkömmliche Prüfung, wie sich das Vorhaben auf die einzelnen in Artikel 3 UVP-Richtlinie genannten Schutzgüter auswirkt. Die die einzelnen Schutzgüter in den Blick nehmende Perspektive ist indes um die Betrachtung der Wechselwirkungen zwischen den Schutzgütern zu ergänzen. Dies erfordert eine umfassende mehrdimensionale und fachübergreifende Ermittlung, Beschreibung und Bewertung unter Einschluß insbesondere der Wirkungen, die sich aus der Kumulation von Vor- und Zusatzbelastungen sowie aus synergetischen Reaktionen ergeben. Damit trägt die UVP-Richtlinie der Erkenntnis Rechnung, daß zwischen den Umweltfaktoren Zusammenhänge bestehen, die es in ihrem Wirkungsgefüge und Beziehungsgeflecht zu erfassen gilt. Dies geschähe nicht, wenn die Wirkungen auf einzelne Schutzgüter lediglich summiert würden. (Rn. 25)