Landschaft
Landschaften sind Lebensgrundlage und Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen, vielfältiger Erholungs- und Identifikationsraum sowie räumlicher Ausdruck des kulturellen Erbes.
Im Rahmen des Schutzgutes Landschaft sind der Landschafts- bzw. Naturhaushalt sowie das Landschaftsbild zu betrachten. Landschaften sind dynamische Beziehungs- und Wirkungsgefüge und entwickeln sich aufgrund natürlicher Faktoren wie Boden, Wasser, Luft, Licht, sowie Tier- und Pflanzenwelt im Zusammenspiel mit der menschlichen Nutzung und Gestaltung durch beispielsweise Bauten oder Bewirtschaftung. Die hier relevanten Aspekte für den Landschaftshaushalt werden daher im Rahmen der übrigen Schutzgüter (vor allem Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt, Boden sowie Wasser) betrachtet.
Aufgrund der natürlichen und der menschlichen Einflüsse wandeln sich Landschaften ständig. Veränderungen in der Landschaft werden vornehmlich als Veränderungen des Erscheinungsbildes (des Landschaftsbildes) durch den Menschen wahrgenommen. Das Landschaftsbild umfasst alle wesentlichen Elemente und Strukturen der Landschaft, ungeachtet ob sie historisch oder aktuell, ob sie natürlich oder kulturbedingt entstanden sind. Das Landschaftsbild ist somit auch Ausdruck der Nutzungsintensität.
Im Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) wird im § 1 Absatz 1 Nr. 3 dieser Aspekt mit Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie Erholungswert von Natur und Landschaft umschrieben. Das Landschaftsbild wird subjektiv wahrgenommen, so dass es nicht nur auf die Strukturen, sondern auch auf den Bedeutungsgehalt ankommt. Damit geht es um das Bild und seine Interpretation durch den Betroffenen.
Das heutige Verständnis des Landschaftsbildes beschränkt sich dabei nicht allein auf visuell wahrnehmbare Einheiten der Landschaft, sondern umfasst ein darüber hinausgehendes, mit allen zur Verfügung stehenden Sinnesqualitäten verknüpftes Landschaftserleben. Diese Sachzusammenhänge bedingen Wechselwirkungen mit dem Schutzgut Mensch. Der Mensch beurteilt das Landschaftsbild und sucht Erholung in der Landschaft.
Um Landschaft als Schutzgut zu erfassen, werden zum einen Faktoren wie Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie der Erholungswert der Landschaft beurteilt, die schwer objektivierbar sind. Zum anderen ist auch der Grad der Naturnähe wie auch die kulturhistorische Qualität zu beurteilen.
Im Folgenden werden speziell die Auswirkungen einer Höchstspannungsleitung auf die Landschaft differenziert nach technischer Ausführung (Freileitung, Erdkabel und Seekabel) für den Bau, die Anlage und den Betrieb betrachtet:
Freileitung
Der Baustellenbetrieb ist für die Dauer der Bauphase aufgrund von Geräusch-und Abgasemissionen eine Quelle der Störung, die sich in der Umgebung der Baustandorte negativ auf das Landschaftserleben auswirken kann. In Siedlungsnähe kann das Ortsbild durch Baumaßnahmen beeinträchtigt werden.
Da zu Maststandorten von Freileitungen, die sich abseits von bestehenden Wegen und Straßen befinden, Zufahrten angelegt werden müssen, können sich Vegetationsschäden ergeben, die über die Dauer der Bauphase hinaus bestehen. Auf den für den Mastbau benötigten Arbeitsflächen wird Vegetation beschädigt und zumindest temporär entfernt. Für den Seilzug werden darüber hinaus Flächen zwischen den Maststandorten als Fahrspur und für die Stellplätze der Winden in Anspruch genommen. Diese Arbeitsschritte können sich, abhängig vom Landschaftsraum und ihrer Sichtbarkeit, negativ auf das Landschaftsbild auswirken. Gegebenenfalls entstehen bei der Querung von geschlossenen Gehölzbeständen sichtbare Schneisen oder in linearen Gehölzbeständen (Baumreihen, Alleen, Baumhecken) auch Lücken, die sich negativ auf das Erscheinungsbild dieser Strukturen auswirken und die im Landschaftsbild wahrgenommen werden. Punktuell lassen sich ggf. auch Verluste von landschaftsbildprägenden Einzelbäumen und Baumgruppen nicht vermeiden.
In Siedlungsnähe kann das Ortsbild durch Baumaßnahmen an Maststandorten beeinträchtigt werden. Darüber hinaus werden für die Dauer der gesamten Bauphase abseits der Trasse sowie für einen kürzeren Zeitraum an den einzelnen Maststandorten Materiallager notwendig, an deren Standorten ggf. die Vegetation beseitigt wird und die für die Dauer der Bauphase als Fremdkörper in der Landschaft wahrgenommen werden. Nach Abschluss der Bauarbeiten werden die Baustelleneinrichtungen entfernt und die Baustreifen wieder begrünt.
Erdkabel
Da entlang von Trassen für die Erdkabel Baustraßen angelegt werden müssen, ergeben sich seitlich der Verlegetrasse Vegetationsschäden bzw. -veränderungen, die mit Standortveränderungen durch Verdichtung einhergehen und die über die Dauer der Bauphase hinaus fortbestehen können. Bei der Zerstörung schwer regenerierbarer Biotope kann es aufgrund der veränderten Artenzusammensetzung zu einer anhaltenden Sichtbarkeit der Trasse in der Landschaft kommen und damit zu einer dauerhaften Beeinträchtigung des Landschaftsbildes. Auf den benötigten Arbeitsflächen wird Vegetation unvermeidlich beschädigt und entfernt. Waldgebiete können dadurch sichtbar in ihrem Erscheinungsbild beeinträchtigt werden. Vor allem in waldarmen Gebieten wirkt sich der eventuelle Verlust prägender Gehölzstrukturen auf das Landschaftsbild aus.
Seekabel
Die Verlegung von Seekabeln hat auf das Schutzgut Landschaft insbesondere baubedingte Auswirkungen deren Wirkdauer nicht immer nur kurzfristig ist. Von Relevanz für das Schutzgut sind diese baubedingten Auswirkungen aber im Wesentlichen in den küstennahen Wattbereichen. Baubedingte Auswirkungen auf die ständig wasserbedeckte Ostsee und das küstenferne Sublitoral sind nur wenig relevant, sofern sie überhaupt für den Menschen wahrnehmbar sind, wie beispielsweise die Auswirkungen durch den zusätzlichen Schiffsverkehr bedingt durch Bauschiffe.
Unmittelbare Auswirkungen durch die Seekabelverlegung in der Bauphase ergeben sich aufgrund der temporären Flächeninanspruchnahme für die Baustelle, die zugehörigen Arbeitswege und Lagerflächen die in der Landschaft sichtbar sind. Lärm-, Licht- und Geruchsemissionen sind die Folge von Baustellentätigkeiten und können störend für das Landschaftserleben sein. Für das Eulitoral der Nordsee kann es durch die Baumaßnahmen aber zudem noch zu einer in der Landschaft sichtbaren Veränderung der Oberflächenform und damit einhergehend zu einer Veränderung des typischen Erscheinungsbildes des Watts kommen. Die Veränderungen ergeben sich dann entlang der gesamten Trasse und entstehen unter anderem durch die Einbringung der Kabel, durch Abgrabungen und Aufschüttungen bzw. Baugruben sowie durch Verdichtungen und Umschichtungen des Bodens. Ferner kann es zur Bildung von Prielen kommen.
Der Umfang und die Dauer der baubedingten Auswirkungen ergeben sich dabei vor allem aus dem vorherrschenden Watt-Typ und der verwendeten Verlegetechnik. Es wird allseits durch Verbesserung der technischen Verlegemethoden versucht, die Dauer der Auswirkungen einzugrenzen.
Freileitung
Anlagebedingt entstehen mit den Masten der Freileitungen, je nach Ausstattung der Landschaft, mitunter weithin sichtbare technische Objekte, die im Allgemeinen als störend und in ihrer Reihung als landschaftszerschneidend empfunden werden. Der visuelle Wirkraum ist von der Höhe des jeweiligen Mastes, seiner Exposition und von umgebenden Strukturen abhängig, die verschattend wirken können.
Auch die Leiterseile werden als naturfernes Element in der Landschaft wahrgenommen. Windsurren der Leiterseile kann unter bestimmten Windgeschwindigkeiten zu einem hörbaren Effekt in der Nähe von Freileitungen führen. Nebenanlagen können aufgrund ihrer Größe das Landschaftsbild zusätzlich beeinträchtigen
Angesichts schwer objektivierbarer, unter anderem durch das Bundesnaturschutzgesetz (§1 BNatSchG) vorgegebener Beurteilungskriterien wie „Schönheit“ und „Eigenart“ erfolgen Bewertungen weitestgehend anhand qualitativer Maßstäbe und in grober Skalierung. Qualitativ bestimmt sich insbesondere das Maß der Erheblichkeit, mit dem Landschaftsbild und -erleben beeinträchtigt werden. Quantitative Aspekte betreffen insbesondere den Flächenumfang des Einwirkungsbereichs sowie die vertikalen und horizontalen Winkel, in denen der Eingriff von bestimmten Standorten aus wahrnehmbar ist. Die Empfindlichkeit des Landschaftsbildes gegenüber störenden Eingriffen bestimmt sich aus seiner Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie aus seiner Einsehbarkeit und naturschutzwürdigen Ausstattung.
Rechtsprechung und Rechtskommentare geben grundsätzliche Hilfestellungen, in welcher Weise die einschlägigen, sehr unterschiedlich auslegbaren Begriffe des Naturschutzrechts wie „Vielfalt“, „Schönheit“ und „Eigenart“ zu interpretieren sind, so dass die erwartete Fachbeurteilung trotz aller unvermeidbaren Subjektivität nicht der Beliebigkeit anheimfällt. Die in einer Landschaftsbildanalyse erwartete Einschätzung der „Schönheit von Natur und Landschaft“ ist durch die Rechtsprechung insoweit eingegrenzt worden, als „auf das Urteil eines für die Schönheiten der natürlich gewachsenen Landschaft aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters“ (BVerwG, Urteil vom 27.09.1990, Aktenzeichen: 4 C 44/87) abgestellt wird. Diese Betrachtungsweise wird im Allgemeinen von entsprechend ausgebildeten Landschaftsplanern auf der Basis anerkannter Methoden nachvollzogen.
Vorbelastungen können abschwächende oder verstärkende Wirkung auf die landschaftsästhetische Erheblichkeit des Eingriffs haben. Als Vorbelastungen kommen insbesondere bestehende Freileitungstrassen in Betracht, die sowohl ersetzt als auch ergänzt werden können. Darüber hinaus sind insbesondere andere mastenartige Eingriffe (zum Beispiel Kraftwerkstürme, Funktürme oder Windenergieanlagen) oder Bahnstromfernleitungen als Vorbelastungen anzusprechen.
Erdkabel
Im direkten Trassenbereich von Erdkabeln dürfen keine tief wurzelnden Gehölze wachsen. Dadurch verbleibt in Gebüschen und Wäldern jeweils eine Schneise, die je nach Standort eine zerschneidende Wirkung in der Landschaft haben und den Trassenverlauf deutlich sichtbar machen. Im Offenland ist die Trasse ein Jahr nach Fertigstellung häufig nicht mehr zu erkennen. Allenfalls die in Abständen gesetzten Markierungspfähle, die vor unbeabsichtigter Beschädigung des Kabels bei Tiefbauarbeiten warnen, sind dauerhaft sichtbar.
Als Nebenbauwerke sind Muffenbauwerke, Tunnelbauwerke und Kabelübergangsanlagen (Freileitung zu Kabel) zu beachten. Landschaftsbildrelevant sind, vor allem wegen ihrer Höhe, zum Beispiel die Kabelübergangsanlagen.
Seekabel
Nach Abschluss des Baus ergeben sich durch die Anlage der Seekabel kaum noch Auswirkungen auf das Schutzgut Landschaft, da die verlegten Kabel dann nicht mehr sicht-, riech- oder hörbar sind. Allerdings kann es durch anlagebedingte Bauwerke zur Veränderung des Erscheinungsbildes kommen. In der Ostsee sowie im Sublitoral der Nordsee liegen solche Bauwerke anders als im Eulitoral der Nordsee üblicherweise unter Wasser und sind in der Landschaft nicht wahrnehmbar. Bei den Bauwerken kann es sich z. B. um Kreuzungsbauwerke oder um Bauwerke handeln, die für die Deichquerung des Seekabels benötigt werden. Sie stellen teils umfangreiche, jedenfalls aber in der gleichförmigen Wattlandschaft deutlich als Fremdkörper wahrnehmbare technische Anlagen dar.
Vorbelastungen bestehen im Wesentlichen durch bereits verlegte Seekabel, z. B. Telekommunikationskabel, und durch den bereits vorhandenen und im Bereich der Hauptschifffahrtsrouten umfangreichen Schiffverkehr, küstennah auch durch den Verkehr mit Sportbooten.
Freileitung
Erstmalig anlagebedingt, im Folgenden auch während des Betriebs, wird die Trasse der Freileitung unter den Leiterseilen und in deren Ausschwenkbereich von hohen Gehölzen freigehalten. Dadurch entstehen in geschlossenen Gehölzbeständen sichtbare Schneisen. Auch bei linearen Gehölzbeständen (Baumreihen, Alleen, Baumhecken) müssen Gehölze entfernt oder so beschnitten werden, dass ein spannungsabhängiger Sicherheitsabstand zwischen Leiterseilen und Gehölzen nicht unterschritten wird (Wuchshöhenbeschränkung). Dadurch entstehen sichtbare Lücken. Diese wirken sich negativ auf das Erscheinungsbild der Strukturen aus.
Punktuell lassen sich Verluste von landschaftsbildprägenden Einzelbäumen und Baumgruppen nicht vermeiden, wenn sie z. B. im Laufe der Zeit über ihr Höhen- oder Breitenwachstum den Sicherheitsabstand unterschreiten. Um dies festzustellen, wird in regelmäßigen Abständen die Vegetationsentwicklung auf der gesamten Trasse der Freileitung durch Begehung überprüft. Per Hubschrauber werden zusätzlich Beschädigungen der Freileitung kontrolliert. Die dabei durch Lärm- und Abgasemissionen verursachten Störungen sind nur kurzfristig wahrnehmbar und übersteigen im Allgemeinen nur unwesentlich den Pegel der bestehenden Vorbelastungen und trüben somit nicht dauerhaft das Landschaftserleben.
Im Betrieb werden Korona-Geräusche im Allgemeinen als unangenehm empfunden und schränken vor allem in naturnahen Erholungsgebieten das Landschaftserleben im unmittelbaren Nahbereich der Leitung ein.
Erdkabel
Aufgrund der unterirdischen Lage der Erdkabel wird das Landschaftsbild durch den Betrieb des Kabels selbst nicht nennenswert beeinträchtigt.
Eine Ausnahme stellen Wälder und Gehölze dar, bei denen im Rahmen der betriebsbegleitenden Pflegemaßnahmen eine Schneise zumindest ohne tief wurzelnde Pflanzen aufrechterhalten wird. Eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes aufgrund der deutlichen Erkennbarkeit des Trassenverlaufs ist die Folge.
Während des Betriebs von Erdkabeln ist in Abhängigkeit von Leiterquerschnitten, thermischen Eigenschaften von Bettungsmaterial und Boden sowie insbesondere der Auslastung des Kabels Wärmeeinwirkung möglich, die kleinräumig Vegetation und Bodenlebewesen beeinflussen kann. Grundsätzlich sind hierbei negative Folgen für Kälte liebende Pflanzenarten denkbar, auch können Verschiebungen in phänologisch empfindlichen Entwicklungsphasen wie dem Frühjahrsaustrieb stattfinden.
Des Weiteren kann nicht ausgeschlossen werden, dass entlang des Trassenverlaufs, zum Beispiel bei Feuchtbiotopen, das Artenspektrum infolge von Wärmebildung im Boden dauerhaft verschoben wird. Dies könnte sich dann durch die erhöhte Sichtbarkeit der Kabeltrasse auf das Landschaftsbild auswirken.
In Wäldern und Gehölzen, in denen aufgrund der betriebsbegleitenden Pflege- und Wartungsmaßnahmen eine Schneise zumindest ohne tief wurzelnde Pflanzen aufrechterhalten wird, ist der Trassenverlauf erkennbar und führt durch die zerschneidende Wirkung zu einer dauerhaften Beeinträchtigung im Landschaftsbild.
Seekabel
Während des Betriebs von Seekabeln ergeben sich keine relevanten Auswirkungen auf das Schutzgut Landschaft. Wahrnehmbar ist allenfalls der durch Wartungs- und Reparaturarbeiten bedingte zusätzliche Schiffsverkehr.
Quellennachweis für die hier zum Schutzgut Landschaft gemachten Ausführungen
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Gutachten zu Umweltauswirkungen unterschiedlicher Netzkomponenten (pdf, 1 MB)