Brücke über einem Fluss. Foto:  nutthabird6 ©123RF.com

Kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter

Das kulturelle Erbe umfasst neben immateriellen Assoziationen die physischen Zeugnisse der Vergangen­heit.

Für die Umwelt­prüfung relevant sind dabei vor allem Zeugnisse mensch­lichen Handelns, die als solche für die Geschichte des Menschen bedeutungs­voll sind und die sich als Orte, als Raum­dispositionen oder als Sachen in der Kultur­landschaft lokalisieren und definieren lassen. Diese Kultur­güter umfassen sowohl Einzel­objekte oder mehrere Objekte einschließlich ihres Umgebungs­bezuges, als auch flächen­hafte Ausprägungen und räum­liche Beziehungen bis hin zu kultur­historisch schützens­werten Land­schafts­teilen und Land­schaften.

Hinzu­kommen Güter, die die prä­historische Entwicklung bezeugen (Boden­denkmale, archäo­logische Funde, etc.) und einen Über­schneidungs­bereich zur Archiv­funktion von Böden darstellen. Darüber hinaus bestehen im Hinblick auf kultur­historische Land­schafts­teile und Land­schaften Bezüge zu den Schutzgütern Tiere, Pflanzen und biologische Vielfalt und Landschaft. Die Bezüge zum Schutzgut Landschaft werden auch durch die UVP-Änderungs-Richt­linie gestärkt: Demnach gehören urbane historische Stätten und Kultur­land­schaften, die integraler Bestand­teil der Vielfalt der Kulturen sind, zum Kultur­erbe.

Ferner ist die Einbeziehung der optischen Aus­wirkungen von Projekten, namentlich die Veränderung des Erscheinungs­bilds oder die Ansicht der gebauten und natür­lichen Land­schaft und städtischer Gebiete wichtig, um das historische und kulturelle Erbe und die Land­schaft besser zu wahren.

Unter den sonstigen Sach­gütern sind gesell­schaftliche Werte zu verstehen, die beispiels­weise eine hohe funktionale Bedeutung haben oder hatten (z. B. Tunnel, Brücken, Türme, aber auch historische Gebäude, Geräte etc.). Aufgrund der Funktions­bedeutung bzw. der hohen Umwelt­auf­wendungen, die ihre Konstruktion oder Wieder­herstellung verursachten, sind sie zu erhalten. Viele Aspekte werden aller­dings schon im Rahmen der Behand­lung der anderen Schutz­güter mit abgedeckt.

Im Folgenden werden insbesondere die Auswirkungen einer Höchst­spannungs­leitung auf das Schutz­gut Kulturelle Erbe und sonstige Sach­güter differenziert nach technischer Ausführung (Freileitung, Erdkabel und Seekabel) für den Bau betrachtet. Anlage- und betriebs­bedingte Auswirkungen von Höchst­spannungs­leitungen auf das Schutz­gut Kulturelles Erbe und sonstige Sach­güter sind zum Teil vernach­lässig­bar bzw. durch andere Schutz­güter (zum Beispiel Landschaft und Boden) bereits abgedeckt.

Baubedingte Auswirkungen

Freileitung

Durch die Arbeiten an Freileitungstrassen in der Bau­phase können Boden-, Kultur- und Bau­denk­mäler sowie archäo­logische Fund­stellen gefährdet sein.

Dauer­hafte Beschädigungen und unwieder­bringliche Verluste können durch die Tief­bau­maßnahmen hervor­gerufen werden. Diese Arbeiten umfassen den Erd­aushub an den Mast­standorten und die Umlagerung von Boden. Im Bereich der Bau­stellen werden Bau­maschinen eingesetzt und Material­lager­flächen benötigt, die ebenfalls bedeutsame Stätten und Fund­stellen – insbesondere Boden­denkmale – nachteilig verändern können. Auch Maßnahmen zur Bau­gruben­wasser­haltung und Eingriffe in Drainagen können das Boden­gefügte derart verändern, dass Kultur­güter beein­trächtigt werden. Diese Auswirkungen können auch beim Bau von Umspann­werken oder anderen Nebenanlagen erfolgen.

Erdkabel

Bei Erdkabeln ist ein wesentlich größeres Risiko für die Zerstörung und den Verlust von Boden-, Kultur- und Bau­denk­mälern als bei Freileitungstrassen gegeben. Dies ist einerseits auf die linien­hafte Form der Bau­stellen, anderer­seits auf die wesentlich umfang­reicheren Tief­bau­maßnahmen als bei Frei­leitungen zurück zu führen (siehe auch die Aus­führungen beim Schutzgut Boden).

Seekabel

Bei Seekabeln ist vergleichbar mit Erdkabeln ein wesentlich größeres Risiko für die Zerstörung und den Verlust von Kulturdenkmälern gegeben als bei Freileitungen. Dies ist einerseits auf die linienhafte Form der Baustellen, andererseits auf die ggf. wesentlich umfangreicheren Tiefbaumaßnahmen zurück zu führen.(siehe auch die Aus­führungen beim Schutzgut Boden).

Außerdem ist zusätzlich auf die potenziellen Wirk­faktoren durch die not­wendigen Nebenanlagen hin­zu­weisen. Über­gangs­bau­werke als Neben­anlagen könnten ggf. (vor allem aufgrund ihrer Größe) auch Sicht­beziehungen von Kultur­denk­malen aus beein­trächtigen, die an Land stehen. Da Kultur­güter im Meeres­bereich in der Regel nicht sichtbar sind, ist eine Beein­trächtigung von Sicht­beziehungen hier nicht zu erwarten.

Anlagebedingte Auswirkungen

Freileitung

Durch die Anlage der Freileitungen können visuelle Beein­trächtigungen entstehen, wenn Frei­leitungs­masten und Beseilung als technische Fremd­körper wirken. Dies kann ein Kultur­denkmal zum einen in seiner Raum­wirkung, vor allem im Nah­bereich, beein­flussen. Gleich­zeitig kann aber auch der Blick vom Kultur­denkmal auf die Umgebung beein­trächtigt werden. Der visuelle Wirk­raum von Frei­leistungs­masten hängt von der Höhe, Exposition sowie der Umgebung ab. Zudem können Nebenanlagen (auch von Erdkabeln und Seekabeln) im Nah­bereich eine wesentliche visuelle Beein­trächtigung darstellen.

Erdkabel

Hier gelten die oben gemachten Ausführungen zur Anlage der Freileitung.

Es kann sich bei der Anlage der Erdkabel eine geringere Trassen­breite ergeben, die mit entsprechend reduzierten Bau­arbeiten und weniger Nutzungs­ein­schränkungen im Bereich der Schutzgüter einhergeht. Außer­dem ist zusätzlich auf die potenziellen Wirk­faktoren durch die not­wendigen Nebenanlagen hin­zu­weisen.

Quellennachweis

Quellennachweis für die hier zum Schutzgut Kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter gemachten Ausführungen

UVP-Gesellschaft e.V. (2014): Kulturgüter in der Planung – Handreichung zur Berücksichtigung des Kulturellen Erbes bei Umweltprüfungen. Seite 7.

Land­schafts­verband Rhein­land (1994): Kultur­güter­schutz in der Umwelt­verträg­lich­keits­prüfung (UVP), Bericht des Arbeits­kreises „Kulturelles Erbe in der UVP". Köln.

Gassner, E., Winkel­brandt, A., Bernotat, D. (2010): UVP und Strategische Umwelt­prüfung – Recht­liche und fach­liche Anleitung für die Umwelt­prüfung. 5. Auflage. C. F. Müller Verlag. Heidel­berg. Seite 265.

Fach­stellung­nahme im Auftrag der Bundes­netz­agentur (2012):