Fläche
Durch die UVP-Änderungsrichtlinie (2014/52/EU) wurde der Schutz der Fläche explizit in den Schutzgutkatalog der Umweltprüfung eingestellt.
Hintergrund bildet das Anliegen einer ressourceneffizienten Flächennutzung, wie es bereits seit Jahren in den deutschen Nachhaltigkeitsstrategien verankert ist. Die plan- und programmbezogene SUP wird im Vergleich zur einzelprojektbezogenen UVP aufgrund der größeren Gebietsbetrachtung als besonders geeignet angesehen, die Ressourceneffizienz des Umgangs mit Fläche zu bewerten.
Die UVP-Gesellschaft fordert in ihrer Paderborner Erklärung das Schutzgut Fläche klar von Boden zu unterscheiden und die Prüfung an Obergrenzen für die Flächeninanspruchnahme auszurichten. Diesem Ansatz und der Gesetzesbegründung folgend, wird das Schutzgut Fläche im Rahmen der SUP mit Fokus auf die Flächeninanspruchnahme, also die quantitativen Aspekte des sogenannten Flächenverbrauchs betrachtet.
Da Fläche an sich nicht verbraucht werden kann, aber einem Nutzungswechsel unterliegt, wird zudem noch der Aspekt der Nutzungsintensität durch die Vorhaben beleuchtet. Dabei wird zunächst zwischen einer temporären und einer dauerhaften Flächeninanspruchnahme unterschieden, denn aus beiden resultieren unterschiedlich intensive Formen der Nutzungseinschränkung bzw. sogar die Nutzungsaufgabe von Flächen.
Die „Flächeninanspruchnahme durch potenzielle Nutzungsaufgabe“ entsteht beispielsweise durch Versiegelung durch Mastfundamente oder Nebenanlagen und ist dauerhaft. Die „Flächeninanspruchnahme durch potenzielle Nutzungseinschränkungen“ kann dauerhaft sein (z. B. im Schutzstreifen von Freileitungen durch die dort wirksame Höhenbeschränkung), oder aber auch temporär (z. B. durch Fläche die kurz- bis mittelfristig für Bauarbeiten oder als Zuwegung genutzt wird.
Durch den Bau und die Anlage von Höchstspannungsleitungen können Auswirkungen auf das Schutzgut Fläche entstehen, die je nach technischer Ausführung (Freileitung, Erdkabel oder Seekabel) unterschiedlich ausfallen können. Außerdem kann es bei der Wartung im Betrieb von Freileitungen (inklusive der Renovierung alter Masten) und Erdkabeln bzw. Seekabeln zu einer temporären Flächeninanspruchnahme kommen.
Freileitung
Während der Bauphase von Freileitungen kommt es zu einer Flächeninanspruchnahme. Somit sind Auswirkungen auf das Schutzgut Fläche zu erwarten.
Im Umfeld der Baustellen wird die Fläche durch Zuwegungen und Baustelleneinrichtungsflächen oder auch, in einem geringem Maße, durch Flächen für die Bodenlagerung in Anspruch genommen. Fläche wird zumindest vorübergehend einer anderen Nutzung zugeführt bzw. in ihrer Nutzung eingeschränkt. Diese werden nach den Baumaßnahmen zu großen Teilen wieder der ursprünglichen Nutzung übergeben.
Zu Beginn der Bauphase wird zudem üblicherweise auf der gesamten Länge der Freileitung die volle Breite des Schutzstreifens von hohem Bewuchs (Bäume) befreit um eine Trasse herzustellen. Somit kommt es auch im Bereich der Schutzstreifen zu einer Flächeninanspruchnahme, die mit einer Nutzungsänderung einhergeht.
Erdkabel
Die Verlegung von Erdkabeln ist in der Bauphase deutlich aufwändiger als die von Freileitungen. Vor Beginn der Bauarbeiten ist eine Rodung im Trassenbereich sowie für die Fahrwege und weitere Arbeitsbereiche notwendig. Zudem wird der Bodenaushub in der Nähe des Kabelgrabens nach Horizonten getrennt gelagert und benötigt somit zumindest vorübergehend Fläche.
Seekabel
Auch während der Bauphase von Seekabeln sind Umweltauswirkungen im Bereich des Schutzgutes Fläche zu erwarten. Zu unterscheiden ist hierbei zwischen dem tidebeeinflussten Bereich und dem ständig wasserbedeckten Meeresboden. Während der Bauphase wird zudem direkt an der Küste ein Lagerplatz mit unmittelbarem Flächen- und Raumverbrauch durch die Baustelle benötigt. Durch den Aufbau von Baucontainern, das Abstellen von schwerem Gerät oder technischem Equipment wird Fläche in Anspruch genommen. Zudem müssen Fahrwege die für eine Nutzung mit Fahrzeugen geeignet sind, eingerichtet werden.
Freileitung
Die Anlage von Masten einer Freileitung führen zu Raum- und Flächeninanspruchnahmen.
Dies trifft vor allem auf die Mastfundamente, Nebenanlagen und ggf. die Zufahrten zu. Dort unterliegen Flächen einer Versiegelung, die Nutzung der Fläche an sich wird dauerhaft verändert. Wo vorher beispielsweise Acker war, ist im Bereich der Mastfundamente oder Zuwegungen nun keine Ackernutzung mehr möglich.
Auch wenn durch die Flächeninanspruchnahme in Form einer Einschränkung der Flächennutzung zum Beispiel durch Überspannen mit Leiterseilen – anders als bei der Versiegelung – die Fläche der Nutzung nicht vollständig entzogen wird, ist sie jedoch graduell eingeschränkt. Das gilt beispielsweise im Bereich der Schutzstreifen von Freileitungen. Es gelten zumindest Höhenbeschränkungen für die Nutzungen unter den Leiterseilen. So führt zum Beispiel das notwendige Freihalten der Trasse von hochwachsenden Bäumen und Sträuchern, die Wuchshöhenbeschränkung, zu einer eingeschränkten forstwirtschaftlichen Nutzung. Auch Gebäude oder andere Nutzungen sind in ihrer Höhe durch die Leiterseile eingeschränkt. Auch im Betrieb unterliegen die Flächen der Schutzstreifen Nutzungseinschränkungen.
Erdkabel
Die Anlage eines Erdkabels führt zu Flächeninanspruchnahmen für die gesamte Trasse inklusive Schneise, für Zufahrten und Nebenanlagen.
Im direkten Trassenbereich der Anlage dürfen keine tief wurzelnden Gehölze wachsen was beispielsweise die forstwirtschaftliche Nutzung einschränkt. Aber auch Bebauungen im Schutzstreifen sind nicht zulässig. Damit verbleiben hier Nutzungseinschränkungen. Als Nebenanlagen sind Muffenbauwerke, Tunnelbauwerke und Kabelübergangsanlagen zu beachten. Diese sind mit einer Versiegelung verbunden und damit mit einer Nutzungsaufgabe der Fläche.
Trotz der unterirdischen Lage der Kabel wird die oberirdische Fläche im Arbeits- und Schutzstreifen durch zu beachtende Nutzungseinschränkungen nachhaltig beeinträchtigt.
Seekabel
Im Bereich der Anlage von Seekabeln stellt vor allem der Einbau von möglichen Kreuzungsbauwerken und Fremdsubstraten, der während der Bauphase geschieht eine anlagebedingte, dauerhafte Beeinträchtigung dar und somit eine Auswirkung im Bereich des Schutzgutes Fläche. Der Einbau von Betonmatratzen sowie die anschließende Steinschüttung schützen das Kabel gegen äußere mechanische Schäden und zerstören ggf. Habitate. Bei den dadurch notwendigen Flächeninanspruchnahmen handelt sich um lokale Einzelfälle, die jedoch eine nicht unerhebliche Größe erreichen können.
Quellennachweis für die hier zum Schutzgut Fläche gemachten Ausführungen
Bundesregierung (2017): Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie. Neuauflage 2016. Berlin 2017.
Bundesrat (2017): Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung. Gesetzentwurf der Bundesregierung. BR-Drs. 164/17 vom 17.02.2017.
Repp, A.; Dickhaut, W. (2017): „Fläche“ als komplexer Umweltfaktor in der Strategischen Umweltprüfung? Begriffliche Komponenten, gegenwärtige Bewertungspraxis und Optionen einer Ausgestaltung als Schutzgut. UVP-report 31 (2): 136-144.
UVP-Gesellschaft (2015): Paderborner Erklärung – Forderungen zur Novellierung des UVP-Gesetzes. UVP-report 29 (2): 104-107.
Fachstellungnahme im Auftrag der Bundesnetzagentur (2012):
Gutachten zu Umweltauswirkungen unterschiedlicher Netzkomponenten (pdf, 1 MB)