Offshore-Windräder

Seekabel

Für die Anbindung der Offshore-Windparks an das Übertragungsnetz werden Seekabel eingesetzt.

Die zu verwendenden Kabel sind grund­sätzlich wartungs­frei. Lediglich im Fall eines selten vorkommenden Kabel­defekts kann es für die Reparatur not­wendig werden, den schad­haften Kabel­abschnitt aus­zu­spülen. Um Beschädigungen von allen in der See verlegten Kabeln (zum Beispiel durch Schiffs­anker, Bagger oder Fisch­fang­geräte) vor­zu­beugen, haben sich das Zusammen­legen von mehreren Kabeln zu Kabel­bündeln (im Folgenden zum Begriff Kabel generalisiert), die Kenn­zeichnung der Route und das Ein­bringen der Kabel in den See­grund als wirksame Schutz­maßnahmen bewährt. Entsprechend des Leitungs­abschnittes werden die Kabel mit verschiedenen Über­deckungen und in verschiedenen Abständen zueinander und zu anderen Kabel­leitungen arrangiert. Kreuzungen von See­kabeln unter­einander sowie mit anderen bestehenden und geplanten Rohr­leitungen oder See­kabeln sollen soweit wie möglich vermieden werden.

Die Übertragungsnetzbetreiber haben sich dazu ent­schlossen, die Wind­parks in Nord- und Ost­see mit Hilfe unter­schied­licher Techniken anzu­schließen. In der Ost­see soll die Anbindung mit Wechsel­strom erfolgen. In der Nord­see wird dagegen aufgrund der durch­schnittlich größeren Entfernungen Gleichstrom genutzt. Deshalb werden dort eine weitere Plattform auf See und eine Konverterstation an Land benötigt.

Bauphase / Kabelverlegung

Bevor es in der Bauphase zur eigentlichen Kabelverlegung kommen kann, ist eine gezielte Trassenräumung von außer Betrieb genommenen Leitungen und eine generelle Räumung des Arbeitsbereichs durchzuführen, damit die Kabel­legung und das Eingraben möglichst risiko­frei erfolgen können. Dabei ist auch auf eine gegebenen­falls notwendige Munitions­beräumung zu achten.

Entscheidend für die Wahl des Verfahrens zur Kabel­verlegung in der See ist neben der Wasser­tiefe vor allem die Beschaffen­heit des Meeres­bodens. Das jeweilige Kabel wird dabei zunächst auf dem Meeres­boden verlegt und anschließend versenkt.

Um Einschränkungen unter anderem für die Schiff­fahrt und die Fischerei zu minimieren, wird ein zeitlich koordiniertes Verlegen und Eingraben von mehreren See­kabeln angestrebt. Die Verlegung von zwei oder mehreren Kabeln erfolgt dabei in einem oder mehreren Schritten, je nachdem ob die Kabel gebündelt oder einzeln vorliegen.

Die Kabel werden grund­sätzlich parallel zueinander und zu bestehenden Infra­strukturen geführt. Die Mindest­abstände sind dabei so zu wählen, dass eine thermische Entkopplung sichergestellt ist und kumulative Wärme­effekte aus­geschlossen werden können. Die Parallel­führung der Seekabel dient zusätzlich der Vermeidung von negativen Effekten auf die Meeres­umwelt, weil dadurch die Einbringung künstlicher Kreuzungs­bau­werke, insbesondere in Meeres­gebieten mit über­wiegend homogenen sandigen Böden, vermieden werden kann.

Die See­kabel­verlegung erfolgt bei einer Wasser­tiefe von mehr als 10 m (Tief­wasser­zone) mit einem sogenannten Dynamic-Positioning-Schiff. Im Bereich von etwa 10 m Wassertiefe bis zur Anlandung (sogenannte Flach­wasser­zone) wird die See­kabel­verlegung mit einem Ponton bevorzugt.

Um die Kabel­verlegung möglichst umwelt­freundlich zu gestalten, sollten (unter Berück­sichtigung der Belange unter anderem von Schiff­fahrt und Fischerei) die See­kabel nur so tief wie erforderlich und möglichst schonend verlegt werden. Dies vermeidet nicht nur einen umfang­reichen Boden­aushub und eine erhöhte Beanspruchung des Sediments, sondern schützt auch beispiels­weise den Siedlungs­raum der benthischen Lebens­gemein­schaften.

Die empfohlene Verlegungs­tiefe, also der Abstand von der Oberkante des Kabels bis zur Ober­kante des Meeres­grundes, beträgt für die ausschließliche Wirtschaftszone 1,5 m, für das Küstenmeer 1,5 bis 3 m und für die Anlandungs­zone 1,5 bis 2 m. Der Mindest­abstand zu anderen Leitungen sollte im Meer 100 m und in der Anlandungs­zone 20 m nicht unterschreiten. Das Versenken der See­kabel in den Meeres­boden ist grundsätzlich mittels Pflügen, Vibrations­pflügen, Fräsen, Einspülen und Horizontalbohrung möglich.

Neben der eigentlichen See­kabel­verlegung muss auch das eventuelle Beheben von Defekten betrachtet werden. In der Regel wird bei einer technischen Störung der schadhafte Abschnitt recht genau lokalisiert, gezielt aufgesucht und dann gegen ein neues Stück Kabel mit zwei Kabel­muffen ausgetauscht. Bei der Reparatur potenziell auftretende Beein­trächtigungen sind äquivalent mit den oben aufgeführten bau­bedingten Aus­wirkungen.

Darüber hinaus ist auch auf den später anfallenden Rück­bau der See­kabel zu achten, welche generell nach Aufgabe der Nutzung wieder entfernt werden müssen. Ausnahmen gibt es hier nur, wenn der Rück­bau vergleichs­weise größere Nach­teile mit sich bringen würde.

Anlage

Im Bereich der Hoch- und Höchst­spannung gibt es bei der Anlage von See­kabeln zwei unter­schied­liche Typen: das sogenannte papier­isolierte Kabel und das sogenannte kunst­stoff­isolierte Kabel. Prinzipiell sind beide Kabel­typen ähnlich aufgebaut. Die elektrischen Leiter sind durch einen Stoff isoliert und durch einen Schutz­mantel gegen mechanische Beschädigung geschützt.

Unabhängig von der Isolierung besteht der Leiter bei einem See­kabel in der Regel aus Kupfer (Aluminium wird eher bei Land­kabeln eingesetzt) und besitzt einen Durch­messer von etwa 45 mm.

Das Gewicht eines See­kabels beträgt pro Meter etwa 44 kg. Aufgrund dieses hohen Kabel­gewichts richtet sich die Länge der See­kabel nach der Lade­kapazität des Verlege­schiffes.

Die jeweiligen Kabel­teil­stücke werden durch sogenannte Muffen miteinander verbunden. Darüber hinaus werden relativ aufwändige Kreuzungs­bau­werke notwendig, sobald sich zwei Kabel kreuzen.

Im Gegen­satz zu Wechsel­strom­kabel­systemen ist es bei der Höchsts­pannungs-Gleich­strom­übertragungs­technik (HGÜ) grund­sätzlich möglich, monopolare Kabelsysteme zu benutzen. Neu errichtet werden heute grund­sätzlich nur noch bipolare Systeme, bei denen Hin- und Rück­leiter ausgebildet sind. Daneben gibt es auch noch koaxiale Systeme.

Betriebsphase

In dem im Sediment am Meeres­grund verlegten Kabel kann es durch Über­tragungs­verluste zur Wärme­entstehung und damit zu einer Temperatur­erhöhung kommen. Die Mantel­temperatur der See­kabel kann dabei im Extrem­fall bis zu 70 °C betragen, die Temperatur im Leiter kann bei einer Über­lastung sogar bis auf 90 °C ansteigen.

In welchem Ausmaß die Erwärmung des Kabels auch zu einer Erwärmung des Sediments unmittelbar am Kabel­mantel führt, hängt zum einen von der Wärme­kapazität, der Wärme­leit­fähig­keit und der Temperatur des Sediments ab, zum anderen spielen aber auch der Kabel­typ sowie dessen Aus­lastung und ob es sich um ein Gleich­strom- oder Wechsel­strom­sytem handelt eine ent­scheidende Rolle.

Im Durchschnitt ist unmittel­bar am Kabel ein Temperatur­anstieg im Bereich von 5 bis 15 K zu erwarten, unter ungünstigen Voraus­setzungen kann aber auch mit einem Temperatur­anstieg um bis zu 30 K gerechnet werden. Der entsprechende Wärmegradient umfasst mehrere Meter.

Bezogen auf die ausschließliche Wirtschafts­zone (AWZ) wurde in 20 cm Sediment­tiefe ein maximaler Temperatur­anstieg von 2 K als zulässig festgelegt. Für den küsten­nahen Bereich der Bodden­gewässer und des Watten­meeres sollte der Temperatur­anstieg im Sediment schon in 30 cm Tiefe 2 K nicht überschreiten. Für den küsten­nahen Bereich des Watten­meeres und der Wind­watten in der Ost­see muss außerdem beachtet werden, dass durch den Gezeiten­wechsel eine ständige Wasser­bedeckung teil­weise nicht möglich ist. Eine Erwärmung des Watt­bodens ist demnach während Ebbe deutlich wahr­scheinlicher.

Während des Betriebs sind Störungen durch mechanische Einwirkung, Korrosion, Über­spannung oder mechanisch-thermische Über­beanspruchung (Wärme­emissionen) möglich. Potenzielle Wirkungen können beim Betrieb von See­kabeln auch von Bränden und Explosionen der End­verschlüsse der Muffen ausgehen.

Nach derzeitiger Zulassungs­praxis ist die Lage des Kabels der zuständigen Zulassungs­behörde in den ersten fünf Jahren der Betriebs­phase jährlich durch jeweils mindestens eine Überprüfung der Tiefen­lage nach­zu­weisen. Darauf folgend wird die Anzahl dieser Über­prüfungen von der Zulassungs­behörde einzel­fall­bezogen fest­gelegt.

Stand: 26.10.2020

Quellennachweis für die hier zum Seekabel gemachten Ausführungen

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Fach­stellung­nahme im Auftrag der Bundes­netz­agentur (2012):