Nebenanlagen
Für die Stromübertragung im Höchstspannungsbereich über zum Teil mehrere hunderte Kilometer sind zusätzlich verschiedenartige Nebenanlagen notwendig.
Im Folgenden ist eine Auswahl der wichtigsten Nebenanlagen für die Übertragung von Höchstspannungs-Wechselstrom und -Gleichstrom mit Hilfe von Freileitungen, Erd- und Seekabeln aufgelistet.
Umspannwerke
Ein Umspannwerk ist Teil des elektrischen Versorgungsnetzes und dient der Verbindung unterschiedlicher Spannungsebenen.
Die Größe der Umspannwerke variiert je nach Übertragungsleistung, Anzahl der Leitungen, dem Vorhandensein von Sammelschienen und den angeschlossenen Spannungsebenen. Ein durchschnittliches Umspannwerk mit einer Leistung von 500 MW hat einen Flächenbedarf von etwa 100 m * 200 m; bei sehr großen Übertragungsleistungen reicht der Flächenbedarf bis zu 400 m * 600 m.
Bei Wechselstrom-Freileitungen mit einer Länge von mehr als etwa 100 km sind Anlagen zur Blindleistungskompensation notwendig. Meistens sind diese Bestandteil der Umspannwerke.
Transformatoren, die für ihre Kühlung notwendigen Lüfter, Schaltvorgänge von Hochspannungsschaltern und Kompensationsanlagen verursachen Geräuschemissionen.
Konverter (Stromrichter)
Wird Strom über längere Strecken übertragen, treten bei Gleichstrom geringere Verluste auf als bei der Übertragung von Wechselstrom. Außerdem lässt sich der Stromfluss besser steuern. Das hilft dabei, das übrige Stromnetz zu entlasten. Für die Übertragung muss Wechselstrom zunächst in Gleichstrom umgewandelt werden; dieser wird am Ende der Leitung wiederum in Wechselstrom umgewandelt. Für diese Vorgänge werden Konverter benötigt.
Ein Konverter besteht aus vier Funktionsblöcken (siehe auch Abbildung "Konverteranlage"):
- Über den Gleichstrom-Anschluss ist der Konverter mit der Gleichstromleitung verbunden. Dabei kann es sich sowohl um eine Freileitung als auch um ein Erd- oder Seekabel handeln.
- Kernstück des Konverters ist der Stromrichter, der den Strom umwandelt und der in der Konverterhalle untergebracht ist. Er besteht aus Transistoren, Dioden, Kondensatoren und Spulen. Weil diese Bauteile unter Hochspannung stehen, müssen sie mehrere Meter Abstand zum Hallendach, zum Boden und zu den Wänden einhalten. Außerdem müssen sie im Betrieb gekühlt werden, weshalb sie mit einer Kühlungsanlage verbunden sind. Die Konverterhalle dient neben dem Schutz vor Witterungseinflüssen auch zur Lärmminderung und zur Abschirmung der elektrischen, teilweise auch der magnetischen Felder (Faradaykäfig).
- Der vom Konverter erzeugte Wechselstrom muss auf die Spannung des Übertragungsnetzes beziehungsweise auf die Wechselstrom-Spannung des Konverters gebracht werden. Das erledigen die Transformatoren.
- Über einen Wechselstrom-Anschluss sowie über die Transformatoren und die Schaltanlagen ist der Konverter mit dem Wechselstrom-Übertragungsnetz verbunden.
Einen geeigneten Standort für einen Konverter sucht der Übertragungsnetzbetreiber, der auch die dazugehörige Stromleitung plant. Er muss bereits in der Bundesfachplanung nachweisen, dass es geeignete Flächen dafür innerhalb der vorgeschlagenen Trassenkorridore gibt.
Kabelübergabestationen
Für eine Verbindung zwischen einer Freileitung und einem Erdkabel sind Übergangsbauwerke notwendig, die als Kabelübergabestationen oder Kabelübergangsanlagen bezeichnet werden. Diese haben üblicherweise eine Höhe von etwa 30 m und erstrecken sich auf eine umzäunte Fläche mit einer Länge von etwa 60 m * 100 m.
Bei gleichzeitiger Unterbringung zusätzlicher technischer Systeme, zum Beispiel Kompensationsanlagen, kann die benötigte Fläche deutlich größer sein. Das hängt von der genauen technischen Ausführung und der Anzahl der vorhandenen Kabelsysteme ab.
Kompensationsanlagen
Bei der Wechselstrom-Übertragung ist schon bei relativ kurzen Leitungslängen (bei Erdkabeln beispielsweise nach etwa 25 km bis 30 km) eine Kompensation der Blindleistung notwendig.
Die Größe der dafür erforderlichen Anlagen ist abhängig von der zu übertragenden Leistung. Sie sind beispielsweise bei einer Leistung von 150 Mvar etwa 9 m lang, 6 m breit und 9 m hoch. Die gesamte Kompensationsanlage beansprucht eine Fläche von etwa 20 m * 50 m.
Muffenbauwerke
Aufgrund des hohen Kabelgewichts und der Transportkapazitäten von einsetzbaren Fahrzeugen können Erdkabel mit einer Länge von maximal 500 m (MI-Kabel) bis 1200 m (kunststoffisoliertes Kabel) am Stück verlegt werden. Für die Verbindung der Teilstücke sind Verbindungsmuffen notwendig, die in Muffengruben oder Muffenbauwerken montiert werden.
Bei längeren Wechselstromkabeln werden nach jedem zweiten bis dritten Teilabschnitt statt Verbindungsmuffen sogenannte Cross-Bonding-Muffen installiert. Hier wird der Kabelschirm des Kabels einer jeden Phase aus der eigentlichen Verbindungsmuffe herausgeführt. Diese werden phasenweise miteinander verbunden und geerdet. Das dient dazu die Übertragungsverluste durch induzierte Ströme im Kabelschirm gering zu halten und um Überspannungen zu verhindern. Die notwendigen elektrischen Verbindungen können oberirdisch in einem Kabelverteilerschrank (ca. 1,8 m breit, 2,9 m lang und 1,35 m hoch) oder oberflächennah in einem Schacht montiert werden.
Muffengruben werden nach der Montage wieder verfüllt, während oberirdische Kabelverteilerschränke dauerhaft erhalten bleiben und für Prüfung und Instandhaltung zugänglich sein müssen.
Kreuzungsbauwerke
Bei Höchstspannungsleitungen sind gegebenenfalls Bauwerke für die Querung von anderen Infrastrukturen, Gewässern oder besonders empfindlichen Gebieten (zum Beispiel Siedlungen, kleinflächige geschützte Wälder oder Moore) zu errichten.
Diese Kreuzungsbauwerke sind insbesondere bei Erdkabeln meist aufwendig und damit teuer. Kleinere Straßen müssen beispielsweise in herkömmlicher Tiefbauweise aufgerissen und nach Kabellegung wieder instandgesetzt werden. Die Querung von größeren Straßen (zum Beispiel Bundesstraßen oder Autobahnen) und Gewässern erfolgt meist in geschlossener Bauweise mit Hilfe von Horizontalbohrverfahren (HDD-Bohrung). Die Verlegung von Höchstspannungskabeln in Tunneln stellt eine weitere Möglichkeit dar.
Auch bei Seekabeln werden relativ aufwändige Kreuzungsbauwerke notwendig, sobald sich zwei Kabel kreuzen. Diese bestehen grundsätzlich aus zwei Elementen. Dies sind zum einen Schutzmatten zur physischen Trennung der sich kreuzenden Kabel und zum anderen eine Steinschüttung, die das oben liegende Kabel vor einer Beschädigung (zum Beispiel durch Anker) schützen soll. Das Kreuzungsbauwerk wird dabei auf einer Länge von mindestens 70 m mit Steinen überschüttet (sogenanntes Rock Placement). Bei einer nicht rechtwinkligen Kreuzung kann es entsprechend zu längeren Überschüttungen kommen. Die Breite einer Überschüttung beträgt davon unabhängig mindestens 3 m zur Überdeckung der Matte.
Plattformen (Offshore)
Eine Plattform, also eine künstlich geschaffene Standfläche über dem Meeresspiegel, ist in der Regel als Tiefgründung installiert. Die Plattform wird dabei unter Verwendung von Stahlpfählen gesichert, die im Abstand von etwa 23 m im Meeresboden verankert sind. Die Länge der Pfähle ist stark abhängig von den Bodenverhältnissen. Den in den Boden gerammten Gründungspfählen schließt sich über dem Meeresgrund eine fachwerkähnliche, versteifende, etwa 40 m hohe und 500 t schwere Rahmenstruktur aus Stahlrohren und Verstrebungen an (sogenannte Jacket-Konstruktion).
Um eine mögliche Erosion in Form einer Vertiefung am Grund durch die Fließdynamik von Wasser (Verkolkung) zu verhindern, werden zum einen die Gründungspfähle entsprechend tiefer in den Boden eingebracht und zum anderen Schutzmatten (Mudmats) oder Steinschüttungen um die jeweiligen Elemente ausgelegt.
Der von den Offshore-Windenergieanlagen erzeugte Strom muss gebündelt und für den Transport in Wechselstrom auf eine einheitliche Übertragungsspannung von 220 kV umgespannt werden. Dies geschieht auf den
Umspannplattformen.
Bei Seekabeln liegt die Grenze der Effizienz für Wechselstromübertragungen bei Entfernungen von etwa 100 km. Um eine Stromübertragung mittels Gleichstrom zu ermöglichen, werden analog zur Stromübertragung an Land Konverterstationen benötigt. Für eine Übertragungsleistung von 900 MW ist dabei eine Konverterplattform auf See und eine Konverterstation an Land für die Umrichtung des Stroms notwendig.
Quellennachweis für die hier zu den Nebenanlagen gemachten Ausführungen
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (2013): Umweltbericht zum Bundesfachplan Offshore für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone der Nordsee 2012. Hamburg.
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (2013): Untersuchung der Auswirkungen von Offshore-Windenergieanlagen auf die Meeresumwelt (StUK4). Hamburg.
Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (2014): Bundesfachplan Offshore für die deutsche ausschließliche Wirtschaftszone der Ostsee 2013. Hamburg.
Dörnemann, C. et al. (2011): Stromübertragung für den Klimaschutz. Studie im Auftrag vom Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik e.V. Frankfurt am Main. Seite 31.
Hofmann, L., Mohrmann, M., Rathke, M. (2012): Ökologische Auswirkungen von 380-kV-Erdleitungen und HGÜ-Erdleitungen. Bericht der Arbeitsgruppe Technik/Ökonomie. Auftraggeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). E. Cuvillier Verlag. 1. Auflage.
Polster, K. (2009): Südwest Kuppelleitung Halle-Schweinfurt, Abschnitt Altenfeld/Redwitz zur Teilverkabelung am Rennsteig (Thüringer Wald). Machbarkeitsstudie im Auftrag von Vattenfall Europe Transmission GmbH. Berlin. Seite 30.
Stigler, H. et al. (2012): Gutachten zur Ermittlung des erforderlichen Netzausbaus im deutschen Übertragungsnetz 2012, Gutachten im Auftrag der Bundesnetzagentur. Graz.
TenneT Offshore GmbH (2013): Erläuterungsbericht zur 600-kV-Leitung BorWin gamma – Emden/Ost des Netzanbindungsprojektes BorWin3 für den Bereich der 12-sm-Grenze bis Umspannwerk Emden/Ost. Unterlage zur Planfeststellung. Bayreuth.
Fachstellungnahme im Auftrag der Bundesnetzagentur (2012):
Gutachten zu Umweltauswirkungen unterschiedlicher Netzkomponenten (pdf, 1 MB)