Erdkabel
Erdkabel zur Stromübertragung sind weit verbreitet, vor allem in den regionalen Verteilnetzen. Vergleichsweise neu ist die Verwendung von Erdkabeln in den überregionalen Übertragungsnetzen, die große Strommengen über weite Distanzen transportieren müssen.
Strom kann per Erdkabel ebenso wie bei einer Freileitung entweder als Wechselstrom oder als Gleichstrom übertragen werden. Je nach Übertragungsart muss ein spezieller Kabeltyp gewählt werden.
Wechselstrom-Erdkabel sind in Deutschland vor allem im Verteilnetz in der Nieder- und Mittelspannungsebene im Einsatz. Im Bereich der Hochspannung nimmt der Anteil der Erdverkabelung zu. Im Übertragungsnetz und den dazugehörenden Höchstspannungsebenen bringt der Einsatz von Erdkabeln neue technische Herausforderungen mit sich. Deswegen wurden hier bisher nur wenige Kilometer als Erdkabel realisiert. Je länger ein Wechselstrom-Erdkabel ist, desto größer ist der Anteil der nicht nutzbaren Blindleistung. Ab einer gewissen Länge sind etwa alle 15 km zusätzliche Kompensationsmaßnahmen notwendig. Dafür kann Wechselstrom direkt in das herkömmliche Stromnetz eingespeist werden und die Spannung lässt sich besonders effizient ändern.
Bei Gleichstrom-Erdkabeln kann die Trasse bei vergleichbarer Übertragungsleistung schmaler ausgeführt werden, als bei Wechselstrom-Erdkabeln, weil weniger Leiter benötigt werden. Außerdem gibt es bei Gleichstrom keine Blindleistungsverluste, daher wird auch keine Kompensationseinrichtung benötigt und die Energie kann über weitere Strecken übertragen werden. Erdkabel werden für Gleichstromleitungen im Hoch- und Höchstspannungsbereich in Deutschland derzeit nur zur Offshore-Anbindung eingesetzt. Künftig sollen aber auch für Gleichstromleitungen an Land vermehrt Erdkabel verwendet werden.
Die Verlegung von Erdkabeln ist deutlich aufwändiger als die von Freileitungen. Die Prüfverfahren und Anforderungen für fest verlegte Übertragungskabelsysteme werden in der DIN IEC 62067 / VDE 0276-2067 beschrieben.
Bauphase / Kabelverlegung
Vor Beginn der Bauarbeiten ist eine Rodung im Trassenbereich sowie für die Fahrwege und eventuell weitere Arbeitsbereiche notwendig. Bei der Planung und Durchführung der Bauarbeiten ist insbesondere die DIN 19639 zu beachten.
Außerdem sind vor der Verlegung von Erdkabeln umfangreiche Vorarbeiten wie beispielsweise die Durchführung einer Kampfmittelsondierung, die Durchführung von archäologischen Untersuchungen oder die Untersuchung des vorhandenen Baugrundes erforderlich.
Offene Bauweise
Der weitaus größte Anteil der Erdkabel wird in der offenen Bauweise verlegt. Dabei wird zuerst der vorhandene Oberboden mittels Bagger abgetragen und im Randbereich der Erdkabelbaustelle zum späteren Wiedereinbau fachgerecht zwischengelagert. Die Kabeltrasse wird bei der offenen Bauweise bis auf eine Tiefe von ca. 2 m aufgegraben. Nach Aushub des Kabelgrabens und separat durchgeführter Zwischenlagerung des Aushubmaterials erfolgt im Anschluss der Einbau von Leerrohren zur Aufnahme der Kabel. Alternativ können die Stromkabel auch ohne Leerrohre in den entsprechenden Graben verlegt werden. Nach Einbau der Leerrohre bzw. der Stromkabel werden Bettungsmaterialien eingebaut und der Graben wird wieder mit dem zwischengelagerten Grabenaushubmaterial lagenweise verfüllt. Im letzten Schritt wird der zwischengelagerte Oberboden wieder aufgetragen.
Für ein Kabelsystem ergibt sich insgesamt ein Bodenaushub von ca. 4,5 m3/m, wobei der Bedarf an Bettungsmaterial ca. 1,5 m3/m beträgt. Dabei ist es möglich, dass Erdbodenmassen durch den Einbau des Bettungsmaterials am Entstehungsort nicht mehr eingebaut werden können (mehr). Die Breite der gesamten Baubedarfsfläche differiert dabei immer und hängt maßgeblich von den vorhandenen Bodenverhältnissen, der Anzahl der zu verlegenden Kabel und den topografischen Verhältnissen ab.
Für die offene Bauweise können jedoch eine Oberflächenwasserhaltung und je nach Grundwasserstand eine Grundwasserhaltung erforderlich sein (mehr).
Geschlossene Bauweise
Neben der Verlegung der Kabelsysteme in offener Bauweise, ist prinzipiell auch das Verlegen durch Einpflügen / Einfräsen der Stromkabel oder mit Hilfe von Horizontalbohrungen möglich. Diese Techniken unterscheiden sich dabei grundsätzlich zu der offenen Grabenbauweise und dienen generell als Ergänzung zur offenen Kabelverlegung.
Der Kabelpflug schneidet den Untergrund auf und erstellt den Hohlraum durch Verdrängung bzw. Verdichtung des Bodens in die angrenzenden Bereiche. Dabei wird also kein Bodenmaterial gefördert und muss somit nicht wieder eingebaut oder entsorgt werden. Das bedeutet aber auch, dass im Gegensatz zur offenen Grabenbauweise kein Bettungsmaterial eingebaut werden kann. Das Bettungsmaterial kommt in der Regel zur Sicherstellung des Wärmeabtransports und zur mechanischen Sicherung der Stromkabel zum Einsatz.
Bei einer Fräse wird der Boden mechanisch durch eine mit Schneiden bestückte Fräskette bzw. Fräsband gelöst und nach oben befördert. Der Aushub liegt dann einseitig am Grabenrand und kann bei Eignung anschließend zur Grabenverfüllung genutzt werden.
Im Vergleich mit der offenen Grabenbauweise scheint das Pflugverfahren fordergründig mit einem schmaleren Kabelgraben auszukommen, als die offene Grabenbauweise. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass der Bodenaushub ebenso wie bei der offenen Grabenbauweise lagenweise zwischengelagert werden muss und die Breite zur Befahrung der Zugfahrzeuge des Pfluggerätes bereitgehalten werden muss. Bei Durchführung des Fräsverfahrens ist eine separate Zwischenlagerung des Bodenmaterials nicht mehr möglich, da die Fräse den Graben bis auf die benötigte Arbeitstiefe in einem Arbeitsgang herstellt.
Ein Nachteil beider Verlegeverfahren ist, dass die Kabelverlegung in Kreuzungspunkten (Straßen, Bahnlinien, etc.) und größeren Gewässern in der Regel unterbrochen werden muss Außerdem gilt für beide Verfahren die Grundvoraussetzung, dass das Gelände für die Befahrung durch schweres Gerät geeignet sein muss und keine ausgeprägten Steilhänge sowie Schräghanglagen vorhanden sein dürfen. Zudem ist das Risiko beim Pflug bzw. Fräsverfahren im Vergleich zur offenen Grabenbauweise, nicht oder fehlerhaft registrierte Fremdleitungen und Bodendenkmäler zu beschädigen.
Vor allem das Pflügen wird bereits bei Stromkabeln im Nieder- und Mittelspannungsnetz eingesetzt. Der Einsatz erfolgt dabei hauptsächlich dort, wo wenige Querungen (zum Beispiel Straßen) die Verlegearbeit behindern und lange ununterbrochene Trassenbereiche im freien Gelände sowie geeignete Böden vorhanden sind.
Die Kabeltrasse muss unabhängig von der durchgeführten Bauvariante für den An- und Abtransport von Baumaterial während der Bauphase zugänglich sein. Auch für den Transport von größeren Bohranlagen ist die Zufahrt für Schwertransporte notwendig. Entlang der gesamten Trasse müssen somit Bau- und Zufahrtsstraßen angelegt werden. Unter Umständen ist die Einbeziehung bereits vorhandener Wege oder Straßen möglich.
Bei Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragung können auch bipolare Systeme mit nur zwei Leitern ohne Neutralleiter verwendet werden. Baubedingt kann sich dabei eine geringere Trassenbreite ergeben, die mit entsprechend reduzierten Bauarbeiten und weniger Nutzungseinschränkungen im Bereich der Schutzgüter einhergeht. Außerdem sind zusätzliche Auswirkungen auf die Umwelt durch notwendige Nebenanlagen möglich.
Anlage
Die Anlage der Erdkabel unterscheidet sich grundlegend von der Anlage der Freileitung. Derzeit existieren jedoch für den Aufbau der Kabelsysteme auf Höchstspannungsebene weder auf nationaler noch auf internationaler Ebene entsprechende Normen.
In der Regel werden Aluminium-, aber auch Kupferleiter benutzt, die von einer Isolierungsschicht in der Regel aus vernetztem Polyethylen (VPE) ummantelt sind. Der Leiter weist dabei meist einen Durchmesser von etwa 50 mm auf. Der Gesamtdurchmesser liegt bei etwa 115 mm.
Ein Erdkabel wiegt pro Meter etwa 13 kg. Der Biegeradius beträgt etwa 2,5 bis 3 m beziehungsweise mindestens das etwa 20-fache des Kabeldurchmessers.
Im Bereich von Hoch- und Höchstspannung gibt es zwei unterschiedliche Kabeltypen, die sich nach Art des verwendeten Isolierstoffs unterscheiden. Prinzipiell sind beide Kabeltypen ähnlich aufgebaut. Beim ersten Kabeltyp, dem sogenannten papierisolierten Kabel, besteht die Isolierungsschicht aus in Öl getränktem Papier, über das ein Schutzmantel aus verschiedenen Materialien aufgebracht wird. Je nach Art des verwendeten Imprägnierstoffes unterscheidet man die papierisolierten Kabel in Ölkabel und Masse-imprägnierte Kabel (MI-Kabel).
Dem papierisolierten Kabel steht das kunststoffisolierte Kabel gegenüber, bei dem die isolierende Schicht aus einem hierfür entwickelten Kunststoff und einem Mantel aus einer Kupfer-, einer Gummi- und einer abschließenden Polyethylenschicht besteht. Vorteile von kunststoffisolierten Kabeln gegenüber papierisolierten Kabeln sind geringere Produktionskosten und geringere dielektrische Verluste. Verglichen mit kunststoffisolierten Kabeln und MI-Kabeln stellen Kabel mit ölgetränktem Papier ein höheres Umweltrisiko dar, da trotz aller Maßnahmen immer auch ein Leckage-Risiko gegeben ist.
Aufgrund des hohen Kabelgewichts und der Transportkapazitäten von einsetzbaren Fahrzeugen können an Land Kabel mit einer Länge von maximal 500 m (MI-Kabel) bis 1200 m (kunststoffisoliertes Kabel) am Stück verlegt werden. Die Kabel werden in etwa 1,5 m Tiefe verlegt.
Bei der Wechselstromübertragung besteht ein System aus drei Adern, die je nach Anordnung in unterschiedlichem Abstand zueinander liegen. Verschiedene Systeme werden mit einem Mindestabstand von etwa einem Meter zueinander verlegt. Die Leiter werden je nach zu erwartender Wärmebildung und Bodenbeschaffenheit in speziellen Bettungen verlegt, die den Wärmetransport begünstigen.
Entlang der Trasse werden in Abständen Markierungspfähle gesetzt, die vor unbeabsichtigter Beschädigung des Kabels bei Bauarbeiten beispielsweise im Straßenbau warnen. Bezüglich der VPE-Kabel sowie der dazugehörigen Endverschlüsse und Muffen geht man bei ordnungsgemäßem Betrieb von einer technischen Lebensdauer von mehreren Jahrzehnten (mindestens 40 Jahre) aus, wobei (im Höchstspannungsbereich) noch keine Langzeitbetriebserfahrungen existieren und zu beachten ist, dass dauerhaft hohe Temperaturen zu einer signifikant beschleunigten Zersetzung der Kunststoffisolation führen können.
Betriebsphase
Das Höchstspannungskabel erwärmt sich während des Betriebs und gibt diese Wärme an die Umgebung ab. Die Erwärmung an der Leiteroberfläche ist abhängig von einer Reihe von Faktoren (unter anderem Legetiefe, Kabelisolierung, Bettung des Kabels, Anordnung der Kabel, Abstand der Kabel untereinander, Wärmeleitfähigkeit des Erdreichs und des Bettungsmaterials sowie der tatsächlichen Kabelauslastung).
Anders als bei Freileitungen treten beim Betrieb von Erdkabeln keine Koronaeffekte mit ihren Folgewirkungen auf. Außerdem emittieren Erdkabel ausschließlich magnetische und keine elektrischen Felder, da diese durch die metallische Kabelumhüllung abgeschirmt werden. Im Bereich der Erdkabeltrassen treten die stärksten Magnetfeldstärken an den Orten mit der geringsten Bodenüberdeckung auf. Die Stärke nimmt mit zunehmendem Abstand zur Trassenmitte mit einer negativen Potenz ab und damit deutlich schneller als bei Freileitungen. Sie ist abhängig von konstruktiven und betrieblichen Parametern wie der Stärke des übertragenen Stroms, der Verlegungstiefe, der relativen Anordnung der Phasenleitungen der Systeme sowie deren Strombelegung.
Die für unterirdisch verlegte Kabel benötige Kabeltrasse mit Schutzstreifen darf nicht bebaut werden und muss von tief wurzelnden Pflanzen freigehalten werden, um ein Eindringen der Wurzeln in den Kabelgraben zu vermeiden. Je nach Anzahl der verlegten Systeme sind die Schutzstreifen bei Drehstrom-Erdkabeln etwa 13 bis 21 m breit (bei vier Systemen). Zusätzlich ist in jedem Fall ein etwa 4 bis 5 m breiter Korridor für den zukünftigen Zugang freizuhalten. Ansonsten kann der Boden land- und eingeschränkt forstwirtschaftlich genutzt werden.
Bei Erdkabeln sind Störungen des bestimmungsgemäßen Betriebs durch mechanische Einwirkung, Korrosion, Überspannung oder mechanisch-thermische Überbeanspruchung (Wärmeemissionen) möglich. Potenzielle Wirkungen können beim Betrieb von Erdkabeln auch von Bränden und Explosionen der Endverschlüsse der Muffen ausgehen. Darüber hinaus werden in regelmäßigen zeitlichen Abständen Wartungsarbeiten durchgeführt, bei denen Lärm- und Abgasemissionen entstehen und gegebenenfalls zusätzlich notwendige Verrichtungen erforderlich werden können.
Beim Betrieb von Höchstspannungs-Gleichstrom-Erdkabelsystemen liegen die Maximalwerte der magnetischen Flussdichte in der Regel um ein Vielfaches unter dem Grenzwert von 500 µT. Des Weiteren ist die Erwärmung der Bodenumgebung bei der Übertragung von Gleichstrom geringer als bei der von Wechselstrom, sodass die Kabel bei sandigen Böden teilweise direkt im Graben verlegt werden können und keine Auffüllung zum Schutz des Kabels notwendig ist. Je nach Anzahl der verlegten Systeme sind die Schutzstreifen bei Gleichstromerdkabeln etwa 11 bis 20 m breit (bei vier Systemen).
Quellennachweis für die hier zum Erdkabel gemachten Ausführungen
Belli, S., Perego, G., Bareggi, A., Caimi, L., Donazzi, F., Zaccone, E.: P-Laser (2010): Breakthrough in power cable systems. Conference Record of the 1988 IEEE International Symposium. DOI: 10.1109/ELINSL.2010.5549826.
DIN 19639 (2019): Bodenschutz bei Planung und Durchführung von Bauvorhaben. Handbuch der Bodenuntersuchung. Beuth Verlag. Berlin.
Habild, S. (2015): Erdverkabelung im Bereich der HGÜ-Leitungen. Vortrag vom Geschäftsbereichsleiter GridSystems, ABB AG am 17.01.2015.
Hofmann, L., Mohrmann, M., Rathke, M. (2012): Ökologische Auswirkungen von 380-kV-Erdleitungen und HGÜ-Erdleitungen. Bericht der Arbeitsgruppe Technik/Ökonomie. Auftraggeber: Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). E. Cuvillier Verlag. 1. Auflage.
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Rohrleitungsbauverband e.V. (2016): Stellungnahme zu den Verlegetechniken Fräsen und Pflügen.
Fachstellungnahme im Auftrag der Bundesnetzagentur (2012):
Gutachten zu Umweltauswirkungen unterschiedlicher Netzkomponenten (pdf, 1 MB)