Ausnahmeprüfung

Sofern erhebliche Beeinträchtigungen eines Erhaltungszieles eines Natura 2000-Gebietes nicht sicher verneint werden können, ist die Umsetzung des Projektes beziehungsweise des Planes unzulässig. Es kann jedoch eine Ausnahmeprüfung durchgeführt werden.

Für die Zulässigkeit einer Ausnahme müssen folgende drei Voraussetzungen erfüllt werden: Es muss eine Interessenabwägung durchgeführt werden sowie eine Alternativenprüfung erfolgen. Daneben sind notwendige Maßnahmen zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes Natura 2000 (sogenannte Kohärenzsicherungsmaßnahmen) vorzusehen. Falls eine der folgenden Voraussetzungen der Ausnahmeprüfung nicht erfüllt ist, bleibt es bei der Unzulässigkeit des Plans/Projektes.

Zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses

Es ist auf die Bedeutung und die konkrete Funktion des Schutzgebietes einzugehen sowie die für das Projekt/den Plan schwerwiegenden Gründe. Rein private Interessen allein können demnach eine Abweichung nicht rechtfertigen, sondern es müssen auch gewichtige öffentliche Interessen mit dem verfolgten Plan/Projekt geltend gemacht werden können. In Betracht kommen können auch wirtschaftliche Interessen, wie beispielsweise die Stärkung der regionalen Wirtschaft oder der Schaffung von Arbeitsplätzen. Für den Stromnetzausbau kann als zwingendes öffentliches Interesse die Gewährleistung der Stromversorgung vorgebracht werden. Es erfolgt eine Einzelfallentscheidung, die hohe Anforderung an die Datengrundlage, die Prognosegenauigkeit und die Plausibilität stellt.

Fehlen zumutbarer Alternativen

Grundsätzlich erfolgt die Prüfung der umsetzbaren Alternativen. Es wird differenziert zwischen Konzeptalternativen, Standort- und Trassenalternativen und technischen Alternativen. Anschließend wird eine Bewertung der Alternativen durchgeführt, bei der die Zumutbarkeit und die Verträglichkeit geprüft werden. Bei der Auswertung muss die zumutbare Lösung gefunden werden, durch deren Umsetzung erhebliche Beeinträchtigungen größtmöglich vermieden werden.

Umsetzung von Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz des Natura 2000-Netzes

Kohärenzsicherungsmaßnahmen werden vom Vorhabenträger für das Natura 2000-Gebiet erarbeitet und sollen dazu führen, dass festgestellte Funktionsbeeinträchtigungen durch Umsetzung der Maßnahmen wieder hergestellt beziehungsweise vorhabenbedingte Beeinträchtigungen des Netzes Natura 2000 auf ein Minimum reduziert werden. Mögliche Maßnahmen zur Kohärenzsicherung sind beispielsweise die Neuanlage eines Habitats mit Eingliederung in das Natura 2000-Netz oder die Verbesserung eines Habitats im Projekt/ Plangebiet oder in einem anderen Natura 2000-Gebiet. Die Maßnahmen sind rechtlich verbindlich festzulegen und es muss gewährleistet sein, dass die betroffenen Erhaltungsziele nicht irreversibel geschädigt werden, bevor der Kohärenzausgleich tatsächlich erfolgt ist. Die EU-Kommission wird über die Kohärenzsicherungsmaßnahmen unterrichtet. Sofern prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen sein können, wird gegebenenfalls eine Stellungnahme der EU-Kommission notwendig.