Bundesfachplanung oder Raumordnungsverfahren
Mit dem Erlass des Bundesbedarfsplangesetzes stehen die Anfangs- und Endpunkte der künftigen Höchstspannungsleitungen fest. Im nächsten Schritt geht es nun darum, Trassenkorridore festzulegen – bis zu 1.000 Meter breite Streifen, in denen später einmal die Leitungen verlaufen werden.
Zunächst schlägt der zuständige Netzbetreiber einen Korridorverlauf vor. In seinem Antrag muss er zudem auch mögliche Alternativen darlegen. Bei der Auswahl des Korridors spielen nicht nur technische und wirtschaftliche Aspekte eine Rolle – es müssen auch die Belange der Menschen in der Region, der Naturschutz und das Landschaftsbild berücksichtigt werden.
Für alle Vorhaben des Bundesbedarfsplanes, die nur ein einzelnes Bundesland betreffen, ist eine Landesbehörde zuständig. Sie führt in den meisten Fällen ein Raumordnungsverfahren durch, um über den Antrag zu entscheiden. Die Verantwortung für Höchstspannungsleitungen, die durch mehrere Bundesländer oder ins Ausland führen sollen, liegt dagegen grundsätzlich bei der Bundesnetzagentur. Das Verfahren, das das Netzausbaubeschleunigungsgesetz (NABEG) hierfür vorsieht, heißt Bundesfachplanung. Der wesentliche Unterschied zum Raumordnungsverfahren besteht darin, dass der am Ende des Bundesfachplanungsverfahrens festgelegte Trassenkorridor für das darauf folgende Planfeststellungsverfahren verbindlich ist. Dies und ein bundesweit einheitliches Vorgehen sollen dazu beitragen, die Planung der benötigten Leitungen zu beschleunigen. Unter bestimmten Voraussetzungen besteht die Möglichkeit, auf die Durchführung der Bundesfachplanung zu verzichten. Ein Raumordnungsverfahren findet dann ebenfalls nicht statt.
Erste Aufgabe der Bundesnetzagentur in der Bundesfachplanung ist das Ausrichten einer öffentlichen Antragskonferenz. Hierzu lädt sie Vereinigungen und die Träger öffentlicher Belange ein. Darüber hinaus darf jeder interessierte Bürger teilnehmen. Bei der Konferenz werden Informationen zur Umwelt- und Raumverträglichkeit des Vorzugskorridors und dessen Alternativen gesammelt. Im Austausch mit den Behörden, Vereinigungen und der Öffentlichkeit sollen die Anforderungen an die Planung möglichst frühzeitig geklärt werden. Im Ergebnis legt die Bundesnetzagentur nach der Antragskonferenz im Untersuchungsrahmen fest, welche Unterlagen und Gutachten der Übertragungsnetzbetreiber noch vorlegen muss.
Beantragen die Übertragungsnetzbetreiber die Bundesfachplanung nicht für ein komplettes Vorhaben, sondern nur für einzelne Abschnitte des geplanten Korridors, findet für jeden Abschnitt eine öffentliche Antragskonferenz statt. Bei längeren Abschnitten oder bei längeren Vorhaben beabsichtigt die Bundesnetzagentur, mehrere Antragskonferenzen durchzuführen.
Raumverträglichkeitsstudie
Innerhalb der Bundesfachplanung sowie eines Raumordnungsverfahrens ist zu überprüfen, ob raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen mit den Erfordernissen der Raumordnung übereinstimmen und wie raumbedeutsame Planungen oder Maßnahmen unter den Aspekten der Raumordnung aufeinander abgestimmt bzw. durchgeführt werden können. Diese Prüfschritte werden zusammen auch als Raumverträglichkeitsprüfung (alternativ Raumverträglichkeitsstudie oder auch Raumverträglichkeitsuntersuchung) bezeichnet.
Die Raumverträglichkeitsstudie (RVS) bildet zusammen mit den Unterlagen zur Strategischen Umweltprüfung (SUP) einen wesentlichen Teil der einzureichenden Unterlagen nach § 8 NABEG.
In der Raumverträglichkeitsstudie sind alle für das Vorhaben relevanten Erfordernisse der Raumordnung zu beschreiben und zu bewerten. Diese Prüfung ist wichtig, damit die Genehmigungsbehörde in ihrer Entscheidung beurteilen kann, inwieweit dem Vorhaben Erfordernisse der Raumordnung entgegenstehen. Eine wichtige Grundlage für diese Prüfung sind Raumordnungspläne, wie zum Beispiel Landes- und Regionalpläne.
In der Raumverträglichkeitsstudie ist eine nachvollziehbare Methodik anzuwenden, um ihre umfangreichen Inhalte verständlich und nachvollziehbar darzustellen. Dazu hat die Bundesnetzagentur Methodenpapiere erstellt, welche die einzelnen Arbeitsschritte der Raumverträglichkeitsstudie standardisieren. Diese Methodenpapiere sollen auf Basis von Anregungen aus der Fachöffentlichkeit regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden.
Strategische Umweltprüfung
Im Rahmen der Bundesfachplanung gibt es eine erneute Strategische Umweltprüfung. Sie ist unabhängig von der Strategischen Umweltprüfung im Rahmen des Bundesbedarfsplans. Da nun ein konkreter Trassenkorridor betrachtet wird, können die Umweltauswirkungen erstmals detailliert für den betroffenen Raum untersucht werden.
Die Strategische Umweltprüfung ist nach einer nachvollziehbaren Methode durchzuführen, um ihre komplexen Inhalte verständlich darzustellen. Dazu hat die Bundesnetzagentur Methodenpapiere erstellt, welche die Verfahrensschritte zur Strategischen Umweltprüfung standardisieren. Diese sollen auf Basis von Anregungen aus der Fachöffentlichkeit regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden.
Umweltbericht für jedes Vorhaben
Das Ergebnis der Strategischen Umweltprüfung – den vorhabenbezogenen Umweltbericht – legt die Bundesnetzagentur zusammen mit den kompletten Antragsunterlagen öffentlich aus. Hierzu kann jeder Stellung nehmen. Die Bundesnetzagentur prüft alle eingehenden Stellungnahmen und erörtert sie bei einer Veranstaltung mit dem Vorhabenträger, den Behörden, Vereinigungen und allen, die Einwendungen oder Stellungnahmen abgegeben haben.
Den Abschluss der Bundesfachplanung bildet die Entscheidung der Bundesnetzagentur für einen konkreten Trassenkorridor. Die Behörde wägt dafür alle vorgebrachten Argumente ab. Ziel ist ein technisch und ökonomisch sinnvoller Korridor, mit dem gleichzeitig die negativen Folgen für Mensch und Umwelt so gering wie möglich bleiben.
Die in der Bundesfachplanung festgelegten Trassenkorridore sind verbindlich für die anschließende Planfeststellung und werden nachrichtlich in den Bundesnetzplan aufgenommen.
Bundesfachplan Offshore
Für die sogenannte ausschließliche Wirtschaftszone ist keine Bundesfachplanung durchzuführen, da hier bereits Trassenkorridore im Bundesfachplan Offshore des Bundesamts für Seeschifffahrt und Hydrographie dargestellt sind. Die Bundesnetzagentur ist somit lediglich für den Bereich an Land und das Küstenmeer zuständig.